Herzinfarkt, Schlaganfall: Mit zunehmendem Alter fürchten sich viele Menschen immer mehr vor dem möglichen Auftreten eines solchen Ereignisses. Um dem vorzubeugen, wird gerne zu allerlei Hilfsmitteln gegriffen. Mittlerweile kursieren Unmengen an Tipps rund um die Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems. Eine der wohl verbreitetsten Theorien: Die Einnahme von Omega-3-Kapseln mindert die Wahrscheinlichkeit von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Aber wie wirksam sind diese Präparate wirklich?
„Ganz klar: Omega-3-Kapseln sind einfach Nahrungsergänzungsmittel, keine Therapeutika. Eine große Anzahl an unterschiedlichen Studien hat mittlerweile deutlich gezeigt, dass durch die Einnahme kein Vorteil entsteht, wenn es darum geht, das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verhindern“, sagt Gerhard Stark. Der Facharzt für innere Medizin ist ärztlicher Direktor der Barmherzigen Brüder Ordensprovinz Österreich, Ungarn, Tschechien und Slowakei und der ärztliche Experte beim nächsten Gesundheitstalk der Kleinen Zeitung.
Auch die Zahlen geben dem Internisten recht: Eine im November dieses Jahres präsentierte norwegische Studie zeigte erneut, dass Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel unwirksam bei der Prävention von Herz-Kreislauf-Ereignissen sind. Dabei wurden 1027 Patienten beobachtet, die wenige Wochen zuvor einen Herzinfarkt erlitten hatten. Die Häufigkeit von Schlaganfällen, Herzschwäche und Vorhofflimmern war bei Patienten mit Placebopräparaten gleich hoch wie bei jenen, die Omega-3-Kapseln bekamen.
Zur selben Erkenntnis kam eine kürzlich in 22 Ländern durchgeführte Erhebung. Dass vereinzelte Studien auf gegenteilige Ergebnisse kommen, führt Stark darauf zurück, dass hier auch andere Faktoren hineinspielen: So ist die Einnahme von Omega-3-Kapseln sehr oft unter jenen Menschen verbreitet, die sich ohnehin viele Gedanken um ihre Gesundheit machen und ihren Lebensstil entsprechend anpassen.
Bei Mangel sinnvoll
„Der beste Weg, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenzuwirken, sind gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und gegebenenfalls Gewichtsreduktion. Die positiven Effekte eines solchen Lebensstils auf unsere Herz-Kreislauf-Gesundheit sind unumstritten“, sagt Apothekerin Heike Kienreich, zweite Expertin beim Gesundheitstalk. „Ist es nicht möglich, genug Omega 3 über Nahrungsmittel aufzunehmen, oder besteht ein Mangel, kann es sinnvoll sein, die Kapseln zu sich zu nehmen.“
Der Mediziner rät hier vor allem zu einem Prinzip: weglassen statt zuführen. „Möchte man etwas für seine Gesundheit tun, ist es effizienter, Ungesundes wegzulassen, als zusätzlich verschiedene Stoffe zu sich zu nehmen.“ Dabei gelte es vor allem, zu mehr Gemüse anstelle von Fleisch zu greifen und Nüsse, Fisch, Olivenöl und Leinöl in die Ernährung zu integrieren.
Ohne Bedenken
Wer sich so ernährt, versorgt sich durch sein Essen bereits ausreichend mit allen wichtigen Stoffen. Aber kann es dann in unserer heutigen Gesellschaft überhaupt noch einen Omega-3-Mangel geben? „Durch Fehlernährung kann das zustande kommen“, sagt der Experte. Auch dann rät er aber, diesen Mangel am besten durch einen Lebensstilwandel zu beheben. Schaden anrichten kann die Einnahme von Omega-3-Kapseln nicht. „Die Präparate, die man in den Apotheken erhält, haben eine sehr hohe Qualität. Diese kann man ohne jegliche Bedenken einnehmen“, sagt Kienreich.
Gefährlich wird es nur dann, wenn Omega-3-Kapseln von Patienten als Ersatz für Medikamente herangezogen werden: „Verschreibt ein Arzt zum Beispiel nach einem Herzinfarkt Statine, müssen diese auch eingenommen werden. Man kann sie, entgegen auftretenden Meinungen, nicht durch Omega-3-Präparate ersetzen“, sagt die Apothekerin.
„Verteufeln solle man die Kapseln nicht. Zum Problem werden sie dann, wenn man sich denkt, man kann weiter ungesund leben, weil man als Ausgleich Kapseln schluckt“, sagt der Internist. Wer Herz und Kreislauf schützen und stützen möchte, muss wohl den längeren und manchmal unbequem erscheinenden Weg gehen und schon beim Lebensmitteleinkauf damit beginnen.