Die Kleine Zeitung hat in Kooperation mit der Ärztekammer und der Apothekerkammer am 26. Mai zum ersten Gesundheitstalk geladen: Dabei standen Experten zum Thema Rückenschmerzen im Livestream Rede und Antwort – und beantworteten auch die Fragen unserer User.
Am Dienstag, 26. Mai ging der erste Gesundheitstalk über die digitale Bühne: Orthopäde Gerd Ivanic und Apothekerin Sieglinde Plasonig klärten im Gespräch mit Redakteurin Sonja Krause über das Volksleiden Rückenschmerzen auf: Was sind die Ursachen? Welche Therapien wirken tatsächlich? Und was kann jeder selbst tun, um vorzusorgen?
1 Rückenschmerzen gelten als Volksleiden Nummer eins: Woran liegt das?
„Unser Leben ist wirbelsäulenfeindlich“, sagt Orthopäde Gerd Ivanic von der Privatklinik Ragnitz in Graz. Ivanic ist einer der beiden Experten, die wir beim ersten digitalen Gesundheitstalk der Kleinen Zeitungbegrüßen dürfen: Ivanic erklärt, dass das Grundübel vieler Rückenprobleme die fehlende Bewegung ist: „Wir tun mit unserem Körper zu wenig – und das, was wir tun, ist zu wenig zielgerichtet.“ Die daraus resultierenden Muskeldefizite seien eine Hauptursache für Schmerzen im Rücken.
2. Wie wird man den Schmerz im Rücken wieder los?
„Der Schmerz ist immer nur ein Signal des Körpers, dass etwas nicht stimmt“, sagt Ivanic. Daher sei es zu wenig, nur den Schmerz zu behandeln – man müsse genau hinschauen und die Ursache des Schmerzes finden. Als Orthopäde betrachtet Ivanic dabei das Funktionssegment bestehend aus zwei Wirbelkörpern und der dazwischenliegenden Bandscheibe. Aber auch die Gelenke und die umgebende Muskulatur gehören dazu. „Da müssen wir jenen Aspekt finden, der die Schmerzen verursacht.“ Dann sei die Physiotherapie der erste Schritt – kombiniert mit einer Schmerztherapie, denn nur wenn der Schmerz reduziert wird, kommen Patienten wieder in einen normalen Bewegungsablauf.
3. Was ist in der Schmerztherapie zu beachten?
ApothekerinSieglinde Plasonig, die zweite Expertin beim Gesundheitstalk, weiß, dass viele Rückenschmerzpatienten zur Selbstmedikation greifen: Die Apotheke ist die erste Anlaufstelle, um sich mit der schmerzlindernden Pille zu versorgen. Aber: „Ich rate dazu, nicht immer gleich zur Schmerztablette zu greifen“, sagt Plasonig – so würden Schmerzen durch Verspannungen im Rücken sehr gut auf Wärmetherapien ansprechen. Auch rät die Apothekerin dazu, zunächst auf Salben oder Einreibungen zu setzen, wo die Wirkung nur am Anwendungsort stattfindet. Denn: „Auch rezeptfreie Schmerzmedikamente können zu Nebenwirkungen führen.“ Gerade Präparate, die zur Gruppe der NSAR (nichtsteroide Antirheumatika) gehören wie die Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Diclofenac könnten beim Dauergebrauch Nebenwirkungen in Magen, Darm oder Leber verursachen. „Der chronische Gebrauch birgt Gefahren“, sagt Plasonig. Schmerzmedikamente seien eine kurzfristige Hilfe, man solle sich aber nicht daran gewöhnen.
4. Welche Auswirkungen können Veränderungen an der Wirbelsäule haben?
Der klassische Ernstfall ist der Bandscheibenvorfall: Dabei tritt der „weiche Kern“ der Bandscheibe aus und drückt auf einen Nerv. „Das kann zu Lähmungserscheinungen führen“, sagt Ivanic. Schlägt eine konservative Therapie nach etwa sechs Wochen nicht an, könne dieser blockierende Teil der Bandscheibe entfernt werden – aber reparieren lasse sich die Bandscheibe so nicht. Ein anderes Phänomen, das durch Wirbelsäulenveränderungen entstehen kann: Durch eine Einengung der Nerven im Wirbelkanal verkürzt sich die Gehstrecke der Betroffenen maßgeblich. „Patienten versuchen, das zu verbergen, in dem sie regelmäßig vor Schaufenstern stehen bleiben“, sagt Ivanic – daher dürfe diese Problematik nicht mit der Gefäßerkrankung (der sogenannten "Schaufensterkrankheit") verwechselt werden, die ebenso dazu führt, dass Betroffene nur noch kurze Strecken am Stück gehen können. Auch hier rät Ivanic zunächst zur konservativen Therapie, bevor eine operative Freilegung der Nerven angedacht werden soll.