Im Kampf gegen die Ausbreitung der Affenpocken (Monkeypox, MPX) ist die Anzahl der behördlich bestätigten Fälle zuletzt auch in Österreich gestiegen. Bis Freitag wurden 253 Affenpocken-Fälle registriert, das entspricht einem Zuwachs um 16,6 Prozent binnen einer Woche. Davon waren bereits 81 Erkrankte, und somit 32 Prozent der Betroffenen, im Epidemiologischen Melderegister (EMS) als genesen gemeldet. Im Vergleich zur Vorwoche stiegen die Fälle um 36 Erkrankte an. Bisher ist noch kein Todesfall oder ein lebensbedrohlicher Krankheitsverlauf aufgetreten, der eine Behandlung auf einer Intensivstation erforderlich gemacht hätte.
Schutz gegenüber den Affenpocken bietet (zu etwa 85 Prozent) das Vakzin Imvanex/Jynneos. Dies wurde mittlerweile auch von der Europäischen Arzneimittelagentur bzw. der EU-Kommission zugelassen. 4.340 Dosen des Vakzins von Imvanex/Jynneos sind bisher nach Österreich geliefert worden. Laut Informationen aus dem Gesundheitsministerium vom Freitag wurden von der ersten gelieferten Tranche - 2.340 Dosen - bisher nicht einmal die Hälfte verbraucht. Die zweite Lieferung - 2.000 weitere Dosen - sei daher noch gar nicht zur Verteilung gelangt.
Für Ann-Sophie Otte, Obfrau der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, ist die verfügbare Menge "nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein", wie sie auf APA-Anfrage erklärte. Über die Verfügbarkeit des Vakzins ist eine heftige Diskussion entbrannt, nachdem das Nationale Impfgremium die Anwendungsempfehlung für den Impfstoff angepasst hat. Die Empfehlung für eine prophylaktische Schutzimpfung gegen MPX wurde auf Gesundheitspersonal und Laborpersonal mit direktem Viruskontakt, und auch auf Personen über 18 Jahren mit multiplen Sexualkontakten ausgeweitet - wir haben hier darüber berichtet.
Affenpockenimpfstoff ist Mangelware
Dies betrifft vor allem auch die LGBTIQ+-Community. Denn Männer, die mit Männern Sex haben, zählen laut WHO zur Risikogruppe in Bezug auf eine Affenpocken-Infektion. Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch Menschen anderer sexueller Ausrichtung sich mit dem Virus infizieren können. Dass das Impfen "geöffnet" wird und sich nicht mehr auf postexpositionelle Prophylaxe (PEP) beschränkt - also auf Menschen, die einen engen körperlichen Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person hatten -, sei "gut und dringend notwendig", sagte Andrea Brunner, Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien. Mit der derzeit verfügbaren Menge sei es aber "fraglich, ob viele Menschen aus den Risikogruppen an eine Impfung kommen werden und wie schnell das geht".
Die ministerielle Impfempfehlung macht die Indikationsimpfung von einer entsprechenden Verfügbarkeit der Impfstoffe abhängig, PEP-Impfungen gehen vor, um nach direktem Kontakt mit dem Erreger den Ausbruch einer symptomatischen Erkrankung zu verhindern. Da aktuell sehr wenige Dosen in Österreich vorhanden sind, ist der Affenpocken-Impfstoff also Mangelware. Die Aids Hilfe Wien befürchtet daher, dass etliche Interessenten - vor allem die stark betroffene Gruppe der homosexuellen Männer in Alter zwischen 20 und 40, die nach der Abschaffung der allgemeinen Pocken-Impfung in den frühen 1980-er-Jahren geboren wurden - keinen Impftermin zum vorsorglichen Schutz vor den Affenpocken bekommen werden.
933 Dosen für rund 10.000 Menschen
Die in Österreich vorhandenen Dosen wurden vom Gesundheitsministerium entsprechend dem jeweiligen Bevölkerungsanteil auf die einzelnen Bundesländer aufgeteilt. Der Schlüssel sieht für Wien 21,51 Prozent vor, was umgerechnet 933 Impfdosen entspricht. Dabei geht die Aids Hilfe davon aus, dass sich allein in Wien 10.000 bis 12.000 Männer impfen lassen möchten. Bezogen auf ganz Österreich lasse sich aus Studien ein Impfbedarf für 15.000 bis 16.000 Personen bis Ende des Jahres errechnen, hielt Aids Hilfe Wien-Geschäftsführerin Brunner fest.
"Wir haben alleine in Wien tausende impfbereite Männer, die mit Männern schlafen", meinte HOSI-Obfrau Otte. Für diese gebe es "schlicht weg viel zu wenig Impfstoff". Für Otte ist daher klar: "Die einzige Lösung für dieses Problem ist, dass Österreich endlich wie beispielsweise Deutschland und Frankreich eigenständig ausreichend Impfstoff beschafft." Das Gesundheitsministerium versicherte am Donnerstag ein Mal mehr, man arbeite in Absprache mit den europäischen Behörden laufend und intensiv daran, möglichst schnell zusätzliche Impfstoffmengen zur Verfügung zu stellen. "Hierzu finden aktuell bereits vielversprechende Gespräche statt."
Die Situation weltweit
Weltweit ist die Zahl der neu gemeldeten Affenpocken-Fälle zurückgegangen. In der Woche 15. bis 21. August waren es nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 21 Prozent weniger als in der Vorwoche. In den vier Wochen davor waren die Zahlen gestiegen. "Dieser Rückgang könnte erste Anzeichen einer rückläufigen Fallzahl in der europäischen Region widerspiegeln, die jedoch noch bestätigt werden müssten", so die WHO.
Zu der Europa-Region gehören 53 Länder von der EU über die Türkei, Turkmenistan, Russland und Israel. In der Region Nord- und Südamerika stiegen die Zahlen dagegen weiterhin. Weltweit wurden in der Woche 5.907 Fälle gemeldet, verglichen mit 7.477 in der Woche davor. Insgesamt sind der WHO seit Beginn des Jahres gut 41.600 Infektionen und zwölf Todesfälle aus 96 Ländern gemeldet worden. Vorne sind die USA mit mehr als 14.000 Fällen, gefolgt von Spanien, Brasilien und Deutschland.