217 Affenpocken-Fälle sind zuletzt in Österreich verzeichnet worden. Die Dunkelziffer dürfte um ein Mehrfaches darüber liegen, hatte zuletzt Christian Posch, Vorstand der Dermatologischen Abteilung in der Klinik Hietzing, in der "Presse" vermutet. Dem trägt nun das Nationale Impfgremium (NIG) Rechnung. Künftig können einer aktualisierten Empfehlung zufolge neben Gesundheitspersonal auch "Personen mit individuellem Risikoverhalten" auf eine vorbeugende Schutzimpfung zugreifen.

Grundsätzlich ist eine Impfung der allgemeinen Bevölkerung gegen Affenpocken (Monkeypox, MPX) nicht vorgesehen und wird weiter nicht empfohlen. Der Kreis derer, die geimpft werden sollen bzw. können, wird jedoch ausgeweitet. Bisher war dieser auf Personal in spezialisierten Laboren, die mit Orthopoxviren arbeiten, Kontaktpersonen, die engen körperlich Kontakt zu bestätigten Fällen hatten, und Personen im Umfeld eines lokal gehäuften Auftretens beschränkt.

Risikogruppen: Wer eine Impfung bekommen kann

Jetzt kommt die prophylaktische Schutzimpfung gegen MPX für Gesundheitspersonal und Laborpersonal mit direktem Viruskontakt, vor allem aber für Personen über 18 Jahren mit multiplen Sexualkontakten in Betracht, wie das Gesundheitsministerium am Dienstag per Presseaussendung mitteilte. Dazu zählen insbesondere Männer, die häufig Sexualkontakt mit wechselnden Männern haben – laut WHO eine von MPX besonders stark betroffene Gruppe.

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Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) begrüßte die neue Empfehlung des NIG. Diese werde "dazu beitragen, dass sich die Impfstoff-Knappheit reduziert und deutlich mehr Menschen der Zugang zu einer Schutzimpfung offensteht". Die Nachricht sei "besonders in der LGBTIQ+-Community bereits erwartet und erhofft worden", betonte Rauch.

Neue Verabreichungsmethode, um mehr Personen zu versorgen

Möglich wurde die jüngste Entwicklung, nachdem die EU-Arzneimittelbehörde EMA am vergangenen Freitag eine Empfehlung für den effizienteren Einsatz des Affenpocken-Impfstoffes veröffentlicht hatte. Demnach reicht für eine präventive Anwendung ein Fünftel der herkömmlichen Dosis, wenn das Präparat nicht subkutan – unter die Haut – gespritzt wird, sondern intradermal, also in die Haut. Dieses Vorgehen kommt Österreich entgegen, das nicht unbedingt mit Impfstoff gegen die Affenpocken gesegnet ist.

Denn während Deutschland 250.000 Impfdosen bestellt hat und in Frankreich bereits 180 MPX-Impfzentren betrieben werden, hat Österreich bisher 4.340 Dosen des Vakzins von Imvanex/Jynneos erhalten, die nach einem Schlüssel auf die Bundesländer aufgeteilt wurden. Von einer ersten Tranche hatte Wien als 1,9 Millionen-Stadt ganze 500 Dosen erhalten, wobei zunächst davon ausgegangen wurde, dass für eine umfängliche Schutzwirkung zwei Dosen verabreicht werden müssen. Da der Erlass des Gesundheitsministeriums zwingend umzusetzen war, wurden in der Bundeshauptstadt entsprechend den Vorgaben bisher nur sieben spezielle Labormitarbeiter und 65 Kontaktpersonen geimpft, wie es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hieß. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer auf Infektionskrankheiten spezialisierten Arztpraxis, in der 103 MPX-Fälle behandelt wurden, konnten sich nicht impfen lassen.

Wien bekrittelt Impfstoffknappheit

Die Stadt Wien geht davon aus, dass man mit dem vorhandenen Impfstoff nicht auskommen wird, um die nunmehrige NIG-Empfehlung umsetzen zu können. "Weder die derzeit verfügbare noch die für das erste Quartal 2023 in Aussicht gestellte Maximalmenge sind ausreichend, sämtliche Zielgruppen zu erreichen", hieß es aus dem Büro des Gesundheitsstadtrats. Die Entscheidungen über Zielgruppen treffe "jedenfalls der Gesundheitsminister, erst recht dann, wenn offenbar zu wenig Impfstoff zur Verfügung steht".

Auch die Aids Hilfe Wien und die Hosi Wien urgierten, dass es zu wenig allgemein zugänglichen Impfstoff und kaum Aufklärungsarbeit über Schutzmaßnahmen seitens der Behörden gebe. Vor allem in der LGBTIQ+-Community ist Interesse an dem Impfstoff vorhanden. Die "Wiener Zeitung" hatte zuletzt den Infektiologen Norbert Nowotny zitiert, demzufolge der typische MPX-Patient männlich und zwischen 20 und 40 Jahre alt ist. Ältere seien durch die bis 1981 verpflichtende Pocken-Impfung zu rund 85 Prozent auch gegen Affenpocken geschützt.