Die britische Regierung plant ein Verbot von Smartphones an Schulen, Kinder sollen künftig nicht mehr abgelenkt, gestört oder via Social Media gemobbt werden. Die österreichische Lehrerschaft hält eine solche Maßnahme nicht für sinnvoll, und auch das Bildungsministerium sieht keinen Änderungsbedarf. Heimische Fachleute für die psychosoziale Gesundheit der Jugend sehen im Handy zwar schon einen Stressfaktor, einem Verbot können sie aber ebenfalls nicht viel abgewinnen.
Die Diskussion, wie schädlich Smartphones bzw. die sozialen Medien für die Psyche der Kinder und Jugendlichen sind, gebe es schon lange, sagte die Psychologin Rosemarie Felder-Puig, nationale Leiterin der Studie Health Behaviour in School-aged Children (HBSC), am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz in Wien. Es lägen auch bereits mehrere Studien zu dem Thema vor, "leider nicht so gute, weil eine Kontrollgruppe schwer zu finden ist" – schließlich gibt es kaum noch Kinder oder Jugendliche, die kein Handy nützen. Besonders kritisch sei der Umgang mit dem Smartphone für sehr junge Mädchen und Buben, die schon aufgrund des Alters noch nicht die Möglichkeit haben, die Inhalte kritisch zu bewerten.
Entscheidung über Handyverbot liegt bei den Schulen
In Sachen Handyverbot sei es in Österreich so, dass die Entscheidung den Schulen überlassen bleibe. Sie kenne etliche Schulen, die eines verhängt haben, der Nutzen sei aber fraglich. "In dem Moment, wo sie aus dem Schultor herausgehen, ist das Erste, was sie machen, das Handy nehmen, und dann hängen sie halt vier Stunden dran." So gesehen würde ein Verbot nicht viel bringen.
Felder-Puig plädiert vielmehr für mehr Medienerziehung, die einen kritischen Umgang vor allem mit den Inhalten des Internets vermittelt. "Es gehört auch zur Gesundheitskompetenz, dass die Kinder und Jugendlichen lernen, nicht alles für bare Münze zu nehmen, sondern die sozialen Medien eher als Entertainmentfaktor zu nutzen und sich auch nicht so stark beeinflussen zu lassen." Mehr Medienerziehung würde sie sich vor allem in den Schulen wünschen. "Die Familien stellen Regeln auf, die dann wieder gebrochen werden, heimlich wird in der Nacht unter der Bettdecke das Handy hervorgeholt." Der Umgang mit dem Smartphone sei ein extrem schwieriger Punkt in der Erziehung.
Alles in allem trage das Handy aber "sicher dazu dabei, dass wir jetzt so eine Situation haben seit ein paar Jahren, nicht nur wegen der Pandemie", verwies sie auf die Daten zur psychosozialen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Österreich, die eine anhaltende Verschlechterung abbilden. Ein Ziel müsse deshalb sein, gemeinsam mit den Familien und der gesamten Gesellschaft die Resilienz, also die Widerstandskraft, der Kinder zu stärken.
Vorstellbar sei ein Handyverbot, wenn überhaupt, dann höchstens an Volksschulen, meinte Felder-Puig weiter. "Später wird es schwierig, vor allem, wenn der Unterricht digitalisiert ist." Und ob die Jugendlichen am Schultablet "surfen" oder am Handy "ist doch auch schon egal".
Kinder und Jugendliche seien besonders gestresst durch das permanente Verfügbarsein sowie durch das Gefühl "da passiert ständig etwas" in der virtuellen Welt, berichtete Caroline Culen von der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Auch sie sei nicht für ein Verbot, sondern würde sich wünschen, "dass wir Pausen anbieten vom Handy".