1 Wo liegt der Unterschied zwischen Babyblues und Wochenbettdepressionen?
ANTWORT: Mit Babyblues werden depressive Verstimmungen wenige Tage nach der Geburt eines Kindes bezeichnet. Fachleute vermuten, dass das Stimmungstief auf den starken Hormonabfall nach der Geburt zurückzuführen ist. Auch Schlafmangel und die Umstellung auf die neue Lebenssituation können eine Rolle spielen. Babyblues kommen recht häufig vor, es ist davon auszugehen, dass etwa 75 Prozent der Mütter daran leiden. Frauen, die an Babyblues leiden, können Ängstlichkeit, Erschöpfung, Reizbarkeit empfinden. Oder sie beginnen aus scheinbar unerklärlichen Gründen zu weinen. In den meisten Fällen ist das Stimmungstief von kurzer Dauer und bedarf keiner weiteren Behandlung. Bei einer Wochenbettdepression oder postpartalen Depression hingegen handelt es sich um eine depressive Erkrankung, die auch eigene Kriterien erfüllen muss.
2 Wie äußert sich postpartale Depression?
ANTWORT: "Es kommt zu einer ausgeprägten Lust- und Freudlosigkeit, zu einer Antriebslosigkeit, zu einem Fehlen von Schwung", erklärt Alexandra Kohlhammer-Dohr, Fachärztin an der Universitätsklinik für Psychotherapie Graz/MedUni Graz, in der aktuellen Folge von "Ist das gesund?", dem Medizinpodcast der Kleinen Zeitung. Hinzu können weitere Symptome kommen: Erschöpfung, bleierne Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Selbstzweifel. "Oft beschreiben Betroffene eine Gefühllosigkeit. Sie nehmen keine Gefühle wahr, auch dem Kind gegenüber nicht."
3 Wann sollte man ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen?
ANTWORT: Treten die Symptome über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen auf, sollte man ärztlichen Rat einholen. Von einer postpartalen Depression spricht man bis zu einem Jahr nach der Geburt.
4 Wie können Angehörige betroffene Frauen unterstützen?
ANTWORT: Häufig sind die Betroffenen selbst nicht in der Lage, zu erkennen, dass ihnen etwas fehlt. "Manche Frauen denken, das muss wieder anders, das muss besser werden. Das erzeugt gleichzeitig wieder Druck und Stress", schildert Kohlhammer-Dohr. Grundsätzlich sei wichtig, Betroffene ernst zu nehmen. "Nicht beschwichtigend sagen 'Wird schon werden' oder 'Du musst nur ein bisschen schlafen'", rät Kohlhammer-Dohr. Man sollte ansprechen, dass einem auffällt, dass es der Person nicht gut geht, dass man bereit ist, zu helfen. Als Angehöriger kann man etwa bei der Suche nach Anlaufstellen unterstützen und helfen, professionelle Hilfe zu organisieren.
5 Wie wird eine Wochenbettdepression behandelt?
ANTWORT: Die wichtigsten Pfeiler der Behandlung sind Psychotherapie sowie eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva. "Wir haben Medikamente, die gut erprobt sind", erzählt Kohlhammer-Dohr aus der Praxis. Die meisten Präparate sind für das Kind ungefährlich, welche Wirkstoffe eingesetzt werden, wird immer individuell festgelegt. "Bis die Medikamente eine ausreichende Wirkung erreicht haben, dauert es vier bis sechs Wochen."
6 Gibt es Risikofaktoren?
ANTWORT: Risikofaktoren im Sinne eines einzelnen Auslösers gibt es nicht. Personen, die schon einmal depressive Episoden erlebt haben, können auch von einer Wochenbettdepression betroffen sein. Selbes gilt für Menschen, "die eher melancholisch sind oder einen sehr hohen Selbstanspruch an sich haben", sagt die Expertin. Ebenso können traumatisierende Erlebnisse in der Jugend und Kindheit eine Rolle spielen.
7 Kann man Wochenbettdepressionen vorbeugen?
ANTWORT: Nachdem der Entstehungsmechanismus nicht endgültig geklärt ist, muss man diese Frage mit Nein beantworten. Es hilft aber, sich selbst möglichst wenig Druck aufzuerlegen bzw. von außen auferlegen zu lassen – etwa indem man ungebetene Ratschläge ignoriert. Realistische Erwartungen an die Mutterrolle helfen ebenso: Ein Kind zu bekommen, ist schön, kann aber auch schön anstrengend sein. "Sie sind plötzlich verantwortlich für jemanden, sich Hilfe zu nehmen, sollte keine außergewöhnliche Sache sein", sagt Kohlhammer-Dohr.