Sie heißen Zauberpilze, "Magic Mushrooms" oder narrische Schwammerl: Die Rede ist von psychedelischen Pilzen, die für ihre berauschende Wirkung bekannt sind. Der darin enthaltene Wirkstoff Psilocybin erfährt in der Medizin gerade einen Hype: Vielversprechende Studiendaten zeigen, dass der Stoff das Potenzial hat, Depressionen und andere psychiatrische Erkrankungen zu behandeln. Was Mediziner und Forscher zum neuen "Wundermittel" sagen und wann mit einer Zulassung zu rechnen ist.

1. Wie wirken Zauberpilze als Medizin?

Depressionen, Angststörungen und posttraumatische Belastungsstörungen: Bei diesen psychiatrischen Erkrankungen gibt es bereits positive Studienergebnisse zur Wirkung des "Pilz-Wirkstoffs". So kann Psilocybin bei Personen mit schwersten Depressionen kurzfristig die Symptome lindern. Erfolge gab es auch bei der Raucherentwöhnung, bei psychischen Traumata oder in der Palliativmedizin. Ein heilsamer Effekt wird aktuell auch bei Magersucht erforscht. Psilocybin kann durch den Konsum der entsprechenden Pilze – getrocknet, frisch oder als Pulver – verabreicht werden. Häufig werden die Pilze direkt gegessen, in Tee aufgelöst oder auch als Kapseln eingenommen.

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Gregor Hasler, Ordinarius für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Freiburg in der Schweiz erklärt außerdem, dass Psychedelika das Potenzial haben, die Wirksamkeit von Psychotherapien zu verstärken und dabei helfen können, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten: "Ich nenne dies den Helioskop-Effekt, weil Psychedelika es ermöglichen, mitten in den Schmerz zu sehen, ohne verbrannt zu werden."

Psilocybin kann durch den Konsum der entsprechenden Pilze – getrocknet, frisch oder als Pulver – verabreicht werden
Psilocybin kann durch den Konsum der entsprechenden Pilze – getrocknet, frisch oder als Pulver – verabreicht werden © (c) Cannabis_Pic - stock.adobe.com ({Yuriy&Alyona}yuriyalyona.com)

2. Wie viel gesichertes Wissen zur Wirkung gibt es bereits?

Das Interesse in der medizinischen Forschung ist derzeit enorm, die großen Wirksamkeitsstudien fehlen aber noch, unterstreichen Experten. Nach wenigen kleinen und unkontrollierten Pilotstudien seien nun auch einige größere, kontrollierte Studien zur Wirksamkeit von Psilocybin bei Depressionen veröffentlicht worden, deren Ergebnisse vielversprechend seien. "Trotzdem fehlen nach wie vor große Phase-III-Studien", die die Wirksamkeit in einer großen Patientengruppe belegen, sagt Katrin Preller vom Institut für Psychiatrie der Universität Zürich. Ein Problem für die Forschung ist dabei, dass es "nahezu unmöglich ist, die Verblindung bei Placebo-kontrollierten Studien aufrechtzuerhalten", sagt Stefan Ehrlich vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden. Die Studienteilnehmer würden ja sofort durchschauen, ob das ihnen verabreichte Medikament psychedelisch wirke oder nicht. Daher sei es auch sehr schwierig, die tatsächliche medikamentöse Wirkung zu ermitteln.

3. Wie sicher ist die Einnahme von Psilocybin?

"Die Sicherheit kann nur dann gewährleistet werden, wenn die Patientinnen und Patienten psychiatrisch ausführlich untersucht werden, weil es einige wichtige Ausschlusskriterien gibt", unterstreicht Gregor Hasler. So müssten Menschen mit psychotischen Störungen vor Psychedelika geschützt werden. Auch bei Schizophrenien und bipolare Störungen werden Psychedelika nicht erforscht, die Risiken gelten als zu hoch. "Bei der richtigen Auswahl und Vorbereitung und einem sicheren und serösen Behandlungssetting mit geschultem Personal scheint die Therapie mit Psilocybin sehr sicher zu sein", sagt Hasler. Dies zeigen Studien, aber auch die langjährige Erfahrung mit Psychedelika-Therapien in der Schweiz.

Auch die Psychiater Harald Sitte und Matthäus Willeit von der MedUni Wien schreiben in einem Gastkommentar, dass Psilocybin "eine geringe Toxizität besitzt, sodass auch bei höheren Dosierungen keine anhaltenden körperlichen oder psychischen Schäden zu befürchten sind."

4. Wie nahe ist eine Zulassung als Medikament?

Australien hat als erstes Land jüngst Psilocybin zur Behandlung bestimmter psychiatrischer Erkrankungen zugelassen. "Das ist schon sehr früh, wir wissen vieles einfach noch nicht", kommentiert Stefan Ehrlich diesen Schritt. "Wenn die Ergebnisse weiter so vielversprechend sind, wird man auch bestimmte Patienten irgendwann in klinischen Studien behandeln. Von einer Zulassung sind wir allerdings noch viele Jahre entfernt. Die britische Firma COMPASS plant zwei Phase-III-Studien, deren Ergebnisse noch Jahre auf sich warten lassen werden", sagt Gerhard Gründer vom Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim.