Eine Studie konnte zeigen, dass die Menge an Taurin im Körper mit fortschreitendem Alter bei Menschen wie auch bei Tieren abnimmt. Diese Reduktion der Aminosäure könnte den Alterungsprozess beeinflussen, so das Fazit der Forschenden vom National Institute of Immunology in New Delhi. Erschienen ist die Studie im Fachjournal "Science".
Taurin ist eine semi-essenzielle Aminosäure und wird in menschlichen Leberzellen aus Zystein gebildet. Sie kann aber auch durch die Nahrung aufgenommen werden, Taurin ist etwa in Meeresfrüchten enthalten, ebenso in Fleisch und Milchprodukten. Taurin spielt bei diversen physiologischen Prozessen im Körper eine Rolle, unter anderem bei der Entwicklung, der Energieproduktion, der Osmoregulation, bei Entzündungen, der Bildung von Gallensäure oder der Bildung von Antioxidantien.
Die Substanz ist als Nahrungsergänzungsmittel frei verfügbar. Vor allem aber ist Taurin bekannt als Inhaltsstoff von Energydrinks, der Stoff soll eine positive Wirkung auf die geistige und sportliche Leistungsfähigkeit haben.
Bei Würmern und Mäusen: Lebensspanne verlängert
Schon frühere Studien haben gezeigt, dass Taurin mit dem Alter abnimmt. Um die Frage zu beantworten, inwiefern der Verlust von Taurin den Alterungsprozess beeinflusst, untersuchten die Forschenden in der aktuellen Studie die Taurin-Konzentrationen im Blut von Ratten, Rhesusaffen und Menschen. Sie konnten so zeigen, dass mit zunehmendem Alter die Konzentration von Taurin im Blut sinkt. Durch die Gabe von Taurin kehrten die Forschenden den Verlust bei Mäusen und Würmern um, und konnten die Lebensspanne der Tiere verlängern.
Außerdem stellten sie fest, dass die Gabe von Taurin bei Mäusen und Affen die gesunde Lebensspanne der Tiere vor dem Auftreten altersassoziierter Krankheiten verlängerte: Taurin verbesserte die Funktion der Knochen, Muskeln, der Bauchspeicheldrüse, des Gehirns, Darms und des Immunsystems.
Zusammenhang mit schweren Erkrankungen
In der Analyse von Patientendaten konnten die Forschenden feststellen, dass niedrige Taurin-Konzentrationen mit Übergewicht, Typ-2-Diabetes und hohen Glukosewerten einhergehen sowie mit Entzündungsmarkern, hohen Cholesterolwerten und weiteren Blutzellparametern. "Ein Taurin-Mangel beim Menschen wird mit verschiedenen Organfehlfunktionen und -krankheiten in Verbindung gebracht, von denen einige auch im Alter auftreten, wie Bluthochdruck, Nierenfunktionsstörungen und Fettleibigkeit", sagt auch Clara Correia-Melo vom Leibniz-Institut für Alternsforschung in Jena.
Eine weitere Untersuchung mit unterschiedlich trainierten Personen ergab, dass durch einen Belastungstest die Taurin-Level in allen Testpersonen anstiegen. Die Autorinnen und Autoren schlussfolgern, dass die gesundheitlichen Vorteile von Sport durch den Anstieg von Taurin vermittelt werden könnten.
Keine Selbstversuche mit Energydrinks
Nun, bedeuten diese Erkenntnisse, dass Taurin den Alterungsprozess aufhalten kann, wenn man es proaktiv einnimmt?
Nein, so einfach ist die Sache nicht. Denn die Daten stammen aus Tiermodellen. "Solange das nicht auch eindeutig beim Menschen gezeigt worden ist, kann keine Aussage zum Einsatz und zum Effekt bei Menschen getroffen werden", erklärt Kristina Norman vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE). Es brauche jetzt Studien an Menschen, in der Dosierung und Wirkung sowie auch mögliche Nebenwirkungen untersucht würden.
Sich aufgrund dieser Untersuchung selbst Taurin zu verschreiben, davor warnt Sebastian Grönke vom Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln. "Es gibt derzeit keine Studien, die eine Taurin-Aufnahme in so hohen Dosen über einen längeren Zeitraum verfolgt haben."
Die Effekte einer solchen "Therapie" wären also kaum abzusehen. Ebenso rät er von einem übermäßigen Konsum von Energydrinks ab. "Auch die Aufnahme über Energydrinks, die häufig Taurin enthalten, ist in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll, da die enthaltenen Mengen viel zu gering sind und häufig andere Wirkstoffe wie zum Beispiel Koffein enthalten sind, die die Aufnahmemenge beschränken."