Jahrzehntelange Forschungen nach einer "Pille für den Mann" sind bisher erfolglos geblieben. Zuletzt gab es allerdings einige wissenschaftliche Veröffentlichungen, die zeigen, dass es unterschiedliche Ansatzpunkte in Bezug auf die männliche Verhütung gibt. So wurde in Australien eine Studie mit einer Verhütungsspritze gestartet. In den USA wird von einer Forschungsgruppe an einer "Pille" geforscht, die kurz vor dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden muss. Und vor Kurzem berichteten US-Fachleute, ein Ziel für zukünftige orale Kontrazeptiva für Männer identifiziert zu haben: das Gen Arrdc5, das ausschließlich in Hodengewebe von Säugetierarten und beim Menschen vorkommt und eine entscheidende Rolle in der Entstehung von Spermien spielt. Defekte dieses Gens führen bei Männern zu Unfruchtbarkeit.
Jon Oatley und sein Team von der Washington State University in Pullman im US-Bundesstaat Washington haben ihre Forschungsergebnisse vor Kurzem im Fachblatt "Nature Communications" publiziert. "Wir haben herausgefunden, dass das Gen nur im Hodengewebe exprimiert wird, nirgendwo anders im Körper, und es wird von verschiedenen Säugetier-Spezies wie Mäusen, Schweinen, Rindern und Menschen exprimiert", berichtete der Studienleiter, so das deutsche "Ärzteblatt". Exprimierung bedeutet im weitesten Sinn, wie ein Gen oder eine bestimmte genetische Information, zum Ausdruck kommt.
An medikamentösen Möglichkeiten zur Verhütung durch den Mann wird seit Langem geforscht. Das größte Problem ist die Verlässlichkeit. Es ist – im Gegensatz zur Verhinderung des Eisprungs durch die hormonellen Verhütungsmittel bei der Frau – extrem schwierig, die Spermienproduktion des Mannes vollständig zu unterdrücken. Laut den Hoffnungen der US-Wissenschaftler könnte die Identifikation des Gens Arrdc5 aber genau das möglich machen.
Ist das Gen defekt, ist der Mann unfruchtbar
"Ist dieses Gen bei männlichen Tieren inaktiviert oder inhibiert, produzieren sie Spermien, die nicht in der Lage sind, eine Eizelle zu befruchten – und die Befruchtung der Eizelle ist eines der wesentlichen Targets in der Entwicklung von Kontrazeptiva für den Mann", erklärt Oatley. Dass dieses Prinzip funktionieren könnte, zeigt sich auch durch das Faktum, dass Männer, bei denen das Gen fehlt, infertil sind. Es handelt sich dabei um die sogenannte Oligoasthenoteratozoospermie (OAT-Syndrom). Sie ist die häufigste Ursache von männlicher Infertilität durch geringe Spermienzahl mit schlechter Beweglichkeit und Defekten, welche die Befruchtung einer Eizelle unmöglich machen.
Tierversuche der US-Wissenschaftler bestätigten den Mechanismus. Männliche Mäuse ohne funktionierendes Arrdc5-Gen produzierten um 28 Prozent weniger Samenzellen mit stark verringerter Mobilität und zu 98 Prozent abnormem Aussehen. Ein Vorteil der Hemmung von Arrdc5 als kontrazeptive Maßnahme wäre auch, dass es sich um keinen Eingriff in den Hormonhaushalt handeln würde.