Bei rund jedem zweiten schon lange erkrankten oder schlecht eingestellten Patienten mit Diabetes Typ 2 treten Netzhautschäden auf. Diese "diabetische Retinopathie" ist die häufigste Ursache für Erblinden in Industrieländern. Schon lange wurde vermutet, dass ein verminderter Sauerstofftransport in der Netzhaut die Ursache ist. Wiener Forschenden gelang kürzlich der Nachweis, dass Schäden an den Blutgefäßen die Sauerstoffabgabe in die Netzhaut reduzieren, berichtet der FWF.

Diabetes Typ 2, eine schwere Stoffwechselerkrankung, die stark an Alter und Lebensstil geknüpft ist, ist weltweit auf dem Vormarsch - und damit steigt auch die Zahl der Fälle mit Folgeerkrankungen. Dazu zählt die "diabetische Retinopathie". Der Körper reagiert zwar auf den Sauerstoffmangel in der Netzhaut (Retina), indem er neue Blutgefäße bildet. Doch diese sind nicht funktionstüchtig und schränken das Sehvermögen zunehmend ein.

Immer weniger Sauerstoff im Gewebe

Gerhard Garhöfer von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der Med Uni Wien hat in einer vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Studie 70 Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetiker mit unterschiedlich stark fortgeschrittener Netzhautschädigung untersucht und mit einer 20-köpfigen Kontrollgruppe ohne Diabetes verglichen. Weil die Sauerstoffaufnahme aus dem Blut ins Gewebe nicht direkt gemessen werden kann, wurden Durchblutung und Sauerstoffsättigung in der Netzhaut berührungslos erfasst. Mit diesen Werten konnten sie mithilfe eines mathematischen Modells die Sauerstoffaufnahme im Gewebe berechnen.

Die Retina, also die Nezhaut, liegt an der Rückseite des Augapfels
Die Retina, also die Nezhaut, liegt an der Rückseite des Augapfels © IMAGO/Zoonar (IMAGO/Zoonar.com/ersin arslan)

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass mit zunehmender Schwere der Erkrankung immer weniger Sauerstoff den Weg vom Blut ins Gewebe findet", so Garhöfer. Die Forscher wiesen in ihren Studien, die in den Fachjournalen "Diabetes" und "Frontiers in Medicine" veröffentlicht wurden, zudem nach, dass bereits bei Typ-2-Diabetikern, bei denen noch keine sichtbaren Veränderungen der Netzhaut zu sehen waren, weniger Sauerstoff den Weg in die Retina findet. Die gemessenen Parameter könnten dabei helfen, Hochrisikopatienten zu identifizieren und im Hinblick auf Therapie und deren Einhaltung besser zu schulen.