Frauen wird über diverse Kanäle ausgerichtet, was sie an ihrem Körper verbessern, oder optimieren könnten. Die Figur ist es häufig, oder auch lange, schimmernde Haare. Auch ein faltenfreies Konterfei steht hoch im Kurs. Neu ist, dass Frauen nun auch ihre Vaginalflora positiv beeinflussen sollten – zumindest wenn es nach US-Reality-Star Kourtney Kardashian geht.
Die älteste der Kardashian-Schwestern versucht sich schon länger als Lifestyle-Unternehmerin. Zum einen mit ihrem Online-Portal "Poosh", zum anderen mit ihrer Produktlinie für Nahrungsergänzungsmittel unter dem Namen "Lemme". Hier stehen Fruchtgummis im Vordergrund. "Debloat" soll etwa die Verdauung unterstützen, "Focus" die Konzentration fördern. Neu im Programm ist "Purr". Dabei handelt es sich um Fruchtgummis, die "eine süßere Leckerei für deine Vagina" sein sollen. Diese sind oral einzunehmen, Vitamin C, Ananas-Extrakt und das Probiotikum "Bacillus coagulans" sollen die vaginale Gesundheit fördern und somit auch Frische und Geruch der Vagina unterstützen. Auch ein "gesunder pH-Wert" soll unterstützt werden.
Doch braucht es diese Dragees wirklich, benötigt die Vaginalflora Unterstützung durch Nahrungsergänzungsmittel? Nein, lautet die einhellige Meinung unterschiedlicher Expertinnen und Experten. So etwa jene von Ina Schuppe Koistinen vom Karolinska Institut in Stockholm. "Laut Produktbeschreibung hat sich in klinischen Studien gezeigt, dass das Probiotikum die vaginale Gesundheit, Frische und den Geruch unterstützt. Das hat mich überrascht – ich sollte über diese Studien und Wirkungen Bescheid wissen, da dies mein primäres Forschungsgebiet ist", schreibt sie in einem Artikel auf "The Conversation" über Kardashians Fruchtgummis.
Angeblich "klinisch geprüft"
Ihre Recherche zu Studien, die sich mit vaginaler Gesundheit und besagtem Probiotikum beschäftigen, fiel mager aus. Laut Bewerbung sei die Wirkung von Bacillus coagulans "klinisch überprüft". Lediglich eine publizierte Arbeit würde es dazu geben. In dieser wurde aber nur die direkte vaginale Gabe analysiert, nicht aber die orale. "Eine gesunde vaginale Mikroflora besteht aus Laktobazillen, die den pH-Wert niedrig halten und uns vor Infektionen schützen. Meine Kollegen und ich haben Bacillus coagulans nie als wichtig für die Gesundheit der Vagina identifiziert, obwohl wir in den letzten Jahren Tausende von Proben analysiert haben", so die Wissenschaftlerin über ihre eigene Forschung.
Das bedeutet, auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, ist davon auszugehen, dass die "Purr"-Fruchtgummis keinen Effekt haben. Es sei ein weiteres Beispiel dafür, dass mit der Unsicherheit von Frauen in Bezug auf ihren Körper Geld gemacht werde, so Schuppe Koistinen. Und sie adressiert ein weiteres Problem: "Die Aussage, dass unsere Vagina nicht gut ist, wie sie ist, repariert werden muss, um unserem Partner zu gefallen, ist zutiefst besorgniserregend."
Nicht mit Fruchtgummis selbst therapieren
Eine gesunde Vagina, ihre Flora sowie ihr Geruch werden von unterschiedlichsten Faktoren beeinflusst – etwa auch durch die Unterwäsche, die wir tragen. "Dennoch ist dieser individuelle Geruch nicht unangenehm oder etwas, wofür wir uns schämen müssten."
Weiter sei es wichtig zu betonen, dass die Vagina selbstreinigend ist. Beobachtet man aber eine Veränderung von Farbe oder Geruch des vaginalen Ausflusses, sollte man dies mit seiner Gynäkologin, seinem Gynäkologen abklären und sich nicht mit diesen Dragees selbst therapieren. Die Veränderung des Geruches kann etwa der Hinweis auf eine vaginale Infektion sein, die ernste gesundheitliche Folgen haben kann.
Über vaginale Gesundheit zu sprechen ist gut, wichtig und sollte viel öfter passieren. Nur ein Produkt zu lancieren, um mit der Unsicherheit von Frauen in Bezug auf ihren Körper Geld zu verdienen, ist hingegen nicht der richtige Weg.