Krämpfe, Kopfschmerzen, Kraftlosigkeit – viele Frauen erleben die Periode und ihre oft unliebsamen Begleiterscheinungen. Im Sport ist die Menstruation weiterhin ein Tabuthema. Wenn Sportlerinnen ihren Zyklus jedoch ansprechen, ernten sie dafür viel Anerkennung, wie es bei der chinesischen Sportlerin Fu Yuanhui bei Olympia 2016 der Fall war. Oder: Sie werden gar falsch verstanden und ihr Zyklus wird kurzerhand zum Radsport erklärt, wie es Mikaela Shiffrin erst kürzlich passierte.
Der weibliche Zyklus, insbesondere die Phase der Monatsblutung, kann die Leistungsfähigkeit stark beeinflussen. Für Sportlerinnen bedeutet das eine weitere Herausforderung, wenn Trainings und Wettbewerbe in „ungünstige Zeiten des monatlichen Zyklus“ fallen, wie Shiffrin in ihrem Interview verdeutlichte.
Östrogen, Progesteron, Follikel
Doch was passiert während des Zyklus? Am Anfang steht die Periode: „Das ist die Phase, in der die Schleimhaut der Gebärmutter abgestoßen wird, wenn keine Schwangerschaft eingetreten ist“, erklärt Gerda Trutnovsky, stellvertretende Leiterin der klinischen Abteilung für Gynäkologie an der Med Uni Graz. „Zu diesem Zeitpunkt sind die weiblichen Sexualhormone – also das Östrogen und Progesteron – sehr niedrig.“ Viele Frauen sind dann laut Trutnovsky eher müde und abgeschlagen.
Darauf folgt die Follikelphase, die Zeit zwischen Regelblutung und Eisprung: „Da fühlen sich viele Frauen auch am leistungsfähigsten“. Sobald es in der Mitte des Zyklus zum Eisprung kommt, ist das Gelbkörperhormon (Luthenisierungshormon LH) relativ hoch: „Das kann dann auch zu Flüssigkeitseinlagerungen im Körper führen. Die Hormone sinken dann langsam wieder ab und sofern keine Schwangerschaft eingetreten ist, kommt es wieder zur Regelblutung“, so die Gynäkologin.
Wie sehr der Zyklus die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, sei wissenschaftlich nicht einheitlich belegbar. Manche Studien hätten laut Trutnovsky einen Zusammenhang zwischen Zyklusphasen und Leistungsfähigkeit gefunden, während andere keine Zusammenhänge erkennen können. „Es gibt auch Studien, die Sportlerinnen nach ihrem subjektiven Empfinden befragt haben. Fast alle haben gesagt, dass sie einen Zusammenhang zwischen ihrem Zyklus und ihrer körperlichen Leistung sehen.“
Die athletische Triade
Der Einfluss des Zyklus auf das tägliche Leben kann laut Mireille van Poppel, Bewegungswissenschaftlerin und Vizerektorin an der Uni Graz, sehr individuell sein. „Manche Frauen erfahren überhaupt keine Unterschiede, während ihres Zyklus – andere hingegen schon. Wir wissen aber auch, dass Sport die Menstruation beeinflussen kann, das geht dann in die andere Richtung.“
Die Rede ist von der sogenannten athletischen Triade, die vorrangig Frauen im Leistungssport betrifft. Dabei leiden die Sportlerinnen unter einer Essstörung, ausbleibender Menstruation und Osteoporose. „Das passiert dann, wenn jemand ein relatives Energiedefizit hat. Die Energieaufnahme über die Ernährung reicht nicht aus, um dem ganzen Ausmaß der Bewegung entgegenzuwirken.“
Obwohl bis etwa 50 Prozent der Leistungssportlerinnen von der athletischen Triade betroffen oder diesbezüglich gefährdet sind, gibt es laut van Poppel insgesamt zu wenig Aufmerksamkeit für das Thema: „Das Phänomen ist aber eigentlich leicht zu verhindern, wenn auf die Balance zwischen Sport und Ernährung geachtet wird.“
Weiterhin ein Tabu
Der weibliche Zyklus, insbesondere die Regelblutung, ist auch im 21. Jahrhundert noch weitgehend ein Tabuthema – nicht nur im Sport. Das wirkt sich nicht nur auf das tägliche Leben aus, sondern reicht bis in die Wissenschaft und Medizin.
„Die Datenlage zu Menstruation und Sport ist nicht so ausgeprägt und die Daten, die es gibt, sind oft widersprüchlich“, so die Expertin. Um das zu ändern, müsse mehr Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt werden. Sportlerinnen, die ihren Menstruationszyklus offen ansprechen, seien deshalb umso wichtiger.
Sarah Marie Piskur