Was halten Sie zu Beginn der Fastenzeit vom Vergleich, Fasten sei ein Service für den Körper wie ein Service beim Auto?
VOLKMAR NÜSSLER: Man muss zunächst unterscheiden. Bei gesunden Menschen, die keinen Krebs, keinen Tumor haben, ist es ein Service. Es sorgt dafür, dass sich Stoffe, die sich in unserem Körper abgelagert haben, insbesondere natürlich das Fett, reduzieren und wir einfach wieder neuen Schwung bekommen. Bei kranken Menschen oder Frauen, die stillen, kommt Fasten eigentlich nicht infrage, und wenn, dann nur unter strenger ärztlicher Aufsicht.

Sie betonen, dass das Intervallfasten die bevorzugte "Diät" sein könnte, weil die Muskeln weniger angegriffen werden.
So ist es. Beim Intervallfasten esse ich 16 Stunden nichts und in einem Zeitfenster von acht Stunden esse ich. Es ist eine sehr zu empfehlende Diätform, weil man sich dabei normal, im besten Fall ausgewogen ernähren kann.

Was versteht man unter Fasten aus medizinischer Sicht? Nichts essen, nur trinken?
Wenn ich extrem faste, mit wirklicher Nahrungskarenz, sollte dies nicht länger als zwei Wochen gemacht werden. Die Zeitdauer hängt natürlich von der Ausgangsposition ab. Wenn man nur trinkt, sollten nach zwei Wochen auch die Blutwerte kontrolliert werden, um zu wissen, dass nichts passiert, was dem Körper schadet.

Stichwort Schaden. Was bewirkt es im Körper, wenn man eine Woche nur Säfte trinkt?
Dass zuerst einmal die Fettreserven reduziert werden. Das ist der Service. Dass ich mich besser fühle, die Gelenke durch weniger Gewicht entlaste und einer vorzeitigen Arthrose vorbeuge. Das ist etwas ganz Wichtiges. Wenn ich einen hohen Blutdruck habe, kann ich ihn durch Fasten und Gewichtsreduktion vielleicht wieder in einen normalen Pegel bringen.

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Warum wirken eigentlich Kalorien so unterschiedlich?
Das ist eine gute Frage. Es gibt Menschen, die nehmen schneller an Gewicht zu, und es gibt Menschen, die verarbeiten ganz anders. Jeder hat einen individuellen Arbeitsmechanismus bei Kalorien. Deswegen ist Kalorie nicht gleich Kalorie. Ein ganz wesentlicher Unterschied besteht auch darin, ob ich lieber ungesättigte Fettsäuren zu mir nehme, die ja auch Kalorien sind, aber wesentlich gesünder sind als gesättigte Fettsäuren. Wenn ich Eiweiß zu mir nehme, sollte ich darauf achten, woher dieses Eiweiß kommt. Bei tierischem Eiweiß sollte es aus artgerechter Tierhaltung kommen. Da wir maximal 300 Gramm Fleisch pro Woche essen sollten, ist es zu empfehlen, pflanzliches Eiweiß in den Speiseplan aufzunehmen – Getreideprodukte, Hülsenfrüchte.

Sie betonen, dass ein normales Körpergewicht ein wesentlicher Schutz vor Erkrankung ist. In Österreich sind 1,2 Millionen Menschen adipös, 2,5 Millionen übergewichtig. Was bedeutet dies für die Gesundheit?
Ein normales Körpergewicht ist einer der wichtigsten Faktoren, um sich vor einer Krebserkrankung zu schützen. Ungesunde Ernährung ist einfach der Hauptrisikofaktor für Herzkreislaufkrankheiten, für eine geringere Lebenserwartung, für Tumorerkrankungen, Diabetes.

Was ist der Grund, dass gerade Bauchfett Entzündungen hervorruft und das Immunsystem schwächen kann?
Bei diesem Bauchfett geht es nicht um den sogenannten Schwimmring, sondern um das viszerale Fett, das die Organe umkleidet. Kontrollieren kann man das nur durch CT-Aufnahme. Das wäre aber zu aufwendig. Ziel des Fastens ist es, das viszerale Fett zu reduzieren, weil es ein sogenanntes Eigenleben entwickelt. Es produziert Entzündungsstoffe, die eine chronische Entzündung hervorrufen, die wir nicht wahrnehmen. Irgendwann kann dann Krebs entstehen.

Wie ist es möglich, dass das Hormon Leptin, das dem Gehirn Sättigung signalisiert, bei übergewichtigen Menschen zwar stark vorkommt, aber nicht mehr Sättigung signalisiert?
Das ist ein sehr komplexer Mechanismus. Er macht leider Gottes das Nicht-Essen für die Übergewichtigen so schwer.

Inwieweit verändern sich bei Übergewicht auch die Darmbakterien?
Wenn zu viele ungesättigte Fettsäuren in den Dickdarm gelangen, bringen sie die guten Bakterien zum Absterben. Das ist das Problem.

Sie bezeichnen die guten Bakterien als Hausmeister. Warum?
Sie sorgen dafür, dass das, was unserem Körper guttut, in die Blutbahn zu den Organen kommt, und das, was uns nicht so guttut, wird ausgeschieden. Wenn wir keinen Hausmeister mehr haben, kommt das ungute Zeug auch zu den Organen.

Wie bekommen wir einen guten Hausmeister?
Durch eine große Vielfalt an Ballaststoffen, eine breite Palette an Gemüse und Obst.

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