Wissenschaftler wollen die Erforschung von Heilpflanzen systematisch vorantreiben. Damit könne die medizinische Versorgung der Menschheit gesichert werden, schreibt die Gruppe um Spyros Theodoridis vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt im Fachjournal "The Lancet Planetary Health". Sie weisen auch auf die Gefahren hin, die die Klimakrise für diese wichtigen Naturressourcen darstellt.

In den letzten Jahren habe das Interesse an Heilpflanzen durch neue Analyseverfahren erneut zugenommen, schreiben die Autoren. Die rasanten Entwicklungen auf den Gebieten der Metabolomik – der Erforschung von Stoffwechselprodukten – und der Genomik eröffneten neue Möglichkeiten. So konnten zum Beispiel im Genom der Eibe jene Gene identifiziert werden, die für die Synthese des Stoffs Paclitaxel verantwortlich sind, einem wichtigen Krebsmedikament.

Gleichzeitig seien aber traditionelle – ebenso wie noch unbekannte – Heilpflanzen durch den Einfluss des Menschen bedroht. Bewährte Gewächse wie die Sideritis-Arten, die als griechischer Bergtee unter anderem bei Erkältungen angewendet werden, stünden durch übermäßiges Sammeln vor dem Aussterben.

Dieses Video könnte Sie auch interessieren

Vielfältige Auswirkungen 

Zudem bedroht die Klima- und Biodiversitätskrise ganze Ökosysteme. "Die bioaktiven Pflanzenstoffe, die wir als Heilmittel einsetzen, erfüllen in der Natur spezifische Aufgaben in der Interaktion von Pflanze und Ökosystem – von der Bestäubung bis zur Bodenqualität", erklärt Co-Autor David Nogués Bravo vom Center for Macroecology, Evolution and Climate der Universität Kopenhagen. "Extreme Temperaturen, Dürreperioden und eine erhöhte CO₂-Konzentration in der Atmosphäre können dieses komplexe Zusammenspiel stören." Klima- und Biodiversitätsforschung müssten zusammenarbeiten, um geeignete Schutzkonzepte zu schaffen.

Am Beispiel von Europa haben die Forschenden eine Reihe von Indikatoren entwickelt, um das Potenzial für Heilpflanzen sowie deren Gefährdung zu erfassen. Besonders stachen hier die Mittelmeerregion und polarnahe Gebiete hervor. "Unser Ziel ist es, Anstöße für die transdisziplinäre globale Erforschung von medizinischen Pflanzen zu geben. So können wir in der Zukunft nichts weniger als eine nachhaltige Transformation der weltweiten Gesundheitsversorgung erreichen und die "medizinische Biodiversität" für kommende Generationen sichern", fasste Theodoridis zusammen.