Pollenallergien aller Art können in Österreich und der EU schon als Volksleiden bezeichnet werden, immerhin nimmt die Zahl der Menschen, die davon betroffen sind, stetig zu – vor allem bei jungen Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern. Das belegen nun auch schon einige Studien aus Österreich und anderen Ländern. Dass die Zahl der Betroffenen im Steigen ist – und auch, dass die Intensität der Belastung für Betroffene zunimmt, steht im direkten Zusammenhang mit dem Klimawandel. Denn kommt es zu klimatischen Veränderungen, wirkt sich das auch immer auf die Pflanzenwelt in den betroffenen Regionen aus. Im Hinblick auf Pollen- und Gräserallergien sind hierbei vor allem zwei Punkte relevant.
Zum einen haben die steigenden Temperaturen hierzulande zur Folge, dass die betreffenden Pflanzen länger blühen. So beginnt die Pollensaison früher und endet später. Hat die Saison für diverse Blüher früher rund 20 Tage gedauert, hat sie sich mittlerweile um die Hälfte verlängert, und nun werden schon 30 Tage lang Pollen abgegeben. Außerdem blühen die meisten Gewächse temperaturbedingt intensiver.
''Gestresste'' Pflanzen
Zum anderen geben diese Pflanzen während der Blüte mehr Pollen ab als früher, wie einige Untersuchungen zeigen. Das steht im unmittelbaren Zusammenhang mit Umweltschadstoffen bzw. Luftverschmutzung. Die Schadstoffe führen dazu, dass sich die Pflanzen gestresst fühlen. Ist das der Fall, setzen sie mehr Eiweiße frei und genau diese Eiweiße sind es, die bei den Allergikern zu den bekannten Reaktionen führen.
Genau dazu haben Forschende aus Krakau jetzt Studienergebnisse veröffentlicht. Das Ergebnis: Birkenpollen an Orten mit hoher Luftverschmutzung sind möglicherweise allergener als Birkenpollen aus Gebieten mit sauberer Luft. Dieses Ergebnis könnte erklären, weshalb Personen in luftverschmutzten Gebieten häufiger Allergien haben, obwohl sie desensilibisiert wurden. Die Studie wurde am Mittwoch im Fachjournal „Plos One“ publiziert.
So lief die Studie ab
Die Forschenden sammelten Birkenblüten von mindestens drei Bäumen an sieben Standorten im Südosten Polens. Die Luftqualität ist an diesen Standorten unterschiedlich. Drei Standorte befinden sich im Stadtgebiet von Krakau, drei in kleineren Städten und einer in einem Wald, der als Referenz für wenig verschmutzte Luft verwendet wurde. Die gesammelten Birkenblüten wurden im Labor geöffnet, der Pollen entnommen und auf seine Eigenschaften untersucht.
Das Protein Bet v 1 ist das Hauptallergen in Birkenpollen. Die Forschenden untersuchten mithilfe von Raman-Spektroskopie die Proteinfaltungsstruktur von Bet v 1 in den gesammelten Proben und fanden heraus, dass sich diese in den Proben unterscheidet. Außerdem stellten sie höhere Bet v1-Konzentrationen in den Proben der stärker verschmutzten Orte fest. Sie schlussfolgern, dass dies zu einem Anstieg der Allergenität der Proteine und damit zu einem häufigeren Auftreten von Allergien bei desensibilisierten Personen führen kann.
Expertinneneinschätzung
Barbara Bohle, Leiterin der Forschungsgruppe Allergy Research, Medizinische Universität, meint dazu: „Es ist nicht neu, dass Umweltverschmutzung Einfluss auf Pflanzen einschließlich Birken hat und auch zu erhöhter Produktion von Allergenen führen kann. Diesbezügliche Studien wurden bereits Ende der 1990er-Jahre durchgeführt und auch dieselbe Forschergruppe hat diesbezügliche Vorarbeiten.“ Dennoch seien die Ergebnisse der aktuellen Studie aufgrund der hohen Standardabweichungen nur mäßig überzeugend.
Zwar haben die Forschenden Veränderungen in der Sekundärstruktur von Bet v 1 nachgewiesen. Die vorliegende Studie zeige jedoch keine Hinweise auf eine erhöhte Allergenität von Bet v 1, da dementsprechende Experimente fehlen, sagt Bohle. Und weiter: „Generell enthält die vorliegende Studie keine bahnbrechenden neuen Ergebnisse von hoher Relevanz. Da Birkenpollen generell hohe Allergenität haben, sollten diese Bäume nicht in stark besiedelten Regionen angebaut werden. Ich glaube aber, dass dieser Umstand bereits bei Städteplanungen berücksichtigt wird.“