Schon seit rund 30 Jahren wird an der mRNA-Technologie geforscht. Das Ziel dieser Forschung: Individuell, maßgeschneiderte Krebstherapien zu entwickeln. Mit dem Auftauchen von Sars-CoV-2, jenem Coronavirus, das die Pandemie ausgelöst hat, wurde diese Technologie für die ersten Covid-Impfstoffe eingesetzt. Nun zeigen aktuelle Daten, dass mRNA-Impfungen auch gegen Krebs wirksam eingesetzt werden können. 

Konkret wurde die Krebsimpfung des US-Unternehmens Moderna bei Melanom-, also Hautkrebspatienten in einer Phase-2b-Studie eingesetzt. Das Melanom ist bei zu später Diagnose eine ausgesprochen heimtückische Krebserkrankung. Weltweit wird die Diagnose derzeit jährlich bei rund 325.000 Patienten gestellt. Das Ergebnis der Studie ist vielversprechend: Die Melanom-Vakzine in Kombination mit einer Immuntherapie konnte die Rückfallrate sowie die Mortalität um 40 Prozent verringern. "Jetzt, zum ersten Mal, konnten wir das Potenzial der Technik in den Behandlungsergebnissen in einer randomisierten klinischen Studie zum Melanom zeigen", wird Stéphane Bancel, Geschäftsführerin des Unternehmens, in der Aussendung zitiert. "Das Ziel sind voll individualisierte Krebstherapien."

Wie wirkt die Krebsimpfung?

Die mRNA-Krebsimpfstoffe werden auf Patientinnen und Patienten individuell angepasst. Die Impfung enthält maßgeschneiderte mRNA. Diese hilft, das Immunsystem zu trainieren, damit die entarteten Tumorzellen, bzw. Proteine, die von den Tumorzellen produziert werden, vom Immunsystem erkannt werden können. Folglich kann dann auch eine Immunreaktion gegen die Krebszellen ausgelöst werden. 

In die Studie, die Moderna gemeinsam mit dem US-Pharmaunternehmen MSD durchgeführt hat, waren 157 Personen eingeschlossen – allesamt Hautkrebspatientinnen und -patienten. Sie litten an einer fortgeschrittenen Erkrankung des Stadiums III oder IV. Auch ein Befall von Lymphknoten ohne Fernmetastasen war gegeben. Der Tumor konnte chirurgisch jeweils vollständig entfernt werden. Trotzdem hatten die Erkrankten ein hohes Risiko für einen Rückfall.

Um dem Wiederauftauchen der Erkrankung vorzubeugen, erhielten die Probanden zwei verschiedene zusätzliche Therapien: Die Hälfte bekam alle drei Wochen und bis zu 18 Mal, rund ein Jahr lang, das Anti-PD-1-Immuntherapeutikums Pembrolizumab. Dieser monoklonale Antikörper ist seit Jahren ein in mittlerweile rund 1700 Studien untersuchtes Immuntherapeutikum, das Tumoren für das Immunsystem des Erkrankten wieder "sichtbar" und somit bekämpfbar machen soll. Es handelt sich um einen sogenannten Immuncheckpoint-Inhibitor.

Kombinationstherapie ist wirksam

Die zweite Hälfte der teilnehmenden Patienten bekam Pembrolizumab und zusätzlich eine individuell hergestelltes mRNA-Krebsimpfung, und zwar in neun Teilimpfungen. Insgesamt soll diese Strategie die Behandlung mit dem Immuncheckpoint-Inhibitor ergänzen und verstärken.

Die Ergebnisse zeigten ein recht eindeutiges Bild: Unter der Kombinationstherapie wurde im Vergleich zu Pembrolizumab allein eine Senkung der Häufigkeit von Rückfällen mit dem Wiederauftauchen des Melanoms bzw. Todesfällen durch die Krebserkrankung von 14,4 Prozent auf zehn Prozent beobachtet. Das bedeutete eine Risikoreduktion für Wiedererkrankung und Tod um 40 Prozent.

Weitere mRNA-Krebsimpfungen

Die beiden US-Unternehmen sind mit der mRNA-Tumorvakzine bei Weitem nicht allein auf diesem Feld. Auch Biontech forscht an dieser Art der Krebstherapie und rechnet bis 2030 mit einer Zulassung ebendieser. "Die Daten unserer Studien werden zeigen, ob wir hier gegebenenfalls auch schneller voranschreiten können", sagte Gründer Uğur Şahin in einem Interview.

Die Technologie, auf der auch der Coronaimpfstoff des Unternehmens basiere, könne auch gegen Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden. "Das Prinzip der mRNA-Impfung bei Krebs ist, dass man dem Immunsystem die Erkennungsmerkmale des Tumors präsentiert – mit der Aufforderung, die Zellen, die dieses Merkmal aufweisen, zu attackieren", sagte Biontech-Gründerin Özlem Türeci. Mit mRNA sei aber auch das Gegenteil möglich, also dem Immunsystem beizubringen, Zellen mit bestimmten Erkennungsmerkmalen nicht zu attackieren. Das könne bei Autoimmunerkrankungen helfen, bei denen eigene, gesunde Zellen als fremd angesehen und attackiert werden. "Dass das funktioniert, haben wir in präklinischen Studien schon gezeigt", fügte Türeci hinzu.