Jeden Herbst und Winter sind RSV-Infektionen wieder ein großes Thema. RSV steht für Respiratorisches Synzytial-Virus. Es ist ein saisonales Virus, wie es etwa auch die Grippeviren sind. Grundsätzlich ist dies ein Erreger, mit dem man lebenslang immer wieder in Kontakt kommt. Dabei löst RSV vor allem Atemwegserkrankungen aus, verursacht Entzündungen der oberen, aber auch der tieferen Atemwege. Bei Erwachsenen macht sich RSV meist als Schnupfen bemerkbar.
Bei Kindern können die Krankheitsverläufe aber schwerer sein. Im Speziellen ist meist der erste Infekt auch der schwerste – oft erleiden diese Kinder ihn in der ersten kalten Jahreszeit. Je öfter das Immunsystem mit dem Erreger in Kontakt kommt, desto schneller kann es auch darauf reagieren und schwere Infekte abwehren. Das bedeutet, die Schwere der Erkrankung nimmt mit der Zeit ab.
Aber vor allem bei Erstinfektion kann RSV eine besondere Form der Entzündung in der Lunge, eine sogenannte Bronchiolitis, auslösen. Nicht selten müssen Säuglinge und Kleinkinder deswegen auch intensivmedizinisch betreut und künstlich beatmet werden. Zwar ist die Prognose im Normalfall günstig. Aber: Kinder, die eine schwere Bronchiolitis durchgemacht haben, können in weiterer Folge anfälliger für obstruktive Bronchitis und Asthma sein.
In Zukunft könnte es wohl einen Impfstoff gegen das RS-Virus geben: Die Pharmafirma Pfizer hat einen Durchbruch bei der Entwicklung eines Vakzins vermeldet. Eine Studie mit rund 7400 Schwangeren aus 18 Ländern habe gezeigt, dass die Impfung von werdenden Müttern mit dem Vakzin schwere RSV-Infektionen der unteren Atemwege bei Säuglingen in den ersten 90 Lebenstagen zu fast 82 Prozent verhindern konnte.
Im Alter von sechs Monaten erwies sich der Impfstoff immer noch zu 69 Prozent wirksam gegen schwere Erkrankungen. Bei der während einer Schwangerschaft verabreichten Impfung handelt es sich um eine sogenannte maternale Immunisierung: Die durch den Impfstoff erzeugten Antikörper werden im Mutterleib und später über die Muttermilch an den Säugling weitergegeben.
Markus Rose, Ärztlicher Leiter des Bereichs Pädiatrische Pneumologie am Klinikum Stuttgart meint: "Infektionen durch das Respiratory Syncytial Virus (RSV) sind eine große bevölkerungsmedizinische Herausforderung." Es handle sich um das für junge Säuglinge gefährlichste Atemwegsvirus, das auch chronisch Kranke und Abwehrschwache aller Altersklassen bedroht und weltweit (nach Malaria) die zweithäufigste Todesursache bei jungen Kindern sei.
Leihimmunität
"In den von Pfizer genannten Studien konnte mit der maternalen Immunisierung in den ersten drei Lebensmonaten eine schwere medizinisch behandlungsbedürftige RSV-Infektion der unteren Atemwege mit rund 82 Prozent verhindert werden, in den ersten sechs Lebensmonaten immerhin um fast 70 Prozent. Das liegt in der Größenordnung vieler etablierter Schutzimpfungen, allerdings mit der Einschränkung, dass die Wirkung im Laufe des ersten Lebensjahres abklingt, da es sich um eine 'Leihimmunität' handelt."
Da aber Säuglinge im ersten Lebenshalbjahr besonders gefährdet sind, sei diese nachgewiesene Schutzwirkung erfreulich: "Das Thema ist insofern hochaktuell, als durch die pandemiebedingten Maßnahmen (Gesichtsmasken, intensivierte Desinfektion) auch die 'normalen' RSV-Infektionen gesunder Erwachsener, die meist wie eine leichte Erkältung verlaufen, verhindert wurden und die Mütter weniger RSV-Abwehrkräfte auf ihre Kinder übertragen konnten. Dies hat vermutlich unter anderem die heftige RSV-Erkrankungswelle im Herbst und Winter 2021/22 begünstigt", so Rose.