Die Covid-19-Pandemie hat in Österreich im Jahr 2020 für ein Absinken der Lebenserwartung gesorgt. Im Jahr darauf hat sich das Blatt im Durchschnitt aber bereits wieder gewendet, wenn auch nicht in allen Altersgruppen gleichermaßen. Einer internationalen Vergleichsstudie im Fachblatt "Nature Human Behavior" zufolge ist dieser Trend in vielen westlichen Ländern zu beobachten. In den USA oder in Osteuropa fiel die Lebenserwartung bis zum Ende 2021 weiter deutlich.

Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die meisten einkommensstarken Länder große Steigerungen in der Lebenserwartung registriert. Obwohl sich um die Jahrtausendwende diese Entwicklung etwa im angloamerikanischen Raum abschwächte, gab es in den vergangenen rund 70 Jahren keinen derartigen Einbruch, wie ihn Covid-19 zuletzt verursacht hat, schreiben die Autoren der Studie um Jonas Schöley vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock (Deutschland). Mit Kollegen hat er die Daten zur Bevölkerungsentwicklung seit 2020 in 29 Ländern analysiert – inklusive Österreich.

Die Pandemie als Ausnahme

Dass Sterberaten von Jahr zu Jahr variieren, ist zwar üblich, die Situation rund um die Ausbreitung von Covid-19 ab dem Frühjahr 2020 stellt aber eine Ausnahme dar. Nur wenige Länder wie Norwegen, Finnland oder Dänemark bzw. Australien und Neuseeland berichteten im Jahr 2020 über keinen Rückgang der Lebenserwartung. Im Jahr darauf wurde das Bild aber deutlich "vielschichtiger", schreiben die Wissenschaftler. Hier zeigten sich bereits Effekte von früheren durchgemachten Infektionen, die Wirksamkeit von Eindämmungsmaßnahmen und die Auswirkungen der Impfkampagnen, die die Sterberaten dämpften.

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Für Österreich weist die Studie für das Jahr 2020 einen Verlust der Lebenserwartung von minus 8,1 Monaten im Vergleich zu 2019 aus. Die Lebenserwartung lag bei Frauen 2020 bei 83,6 und bei Männern bei 78,9 Jahren. Dann kam es allerdings zur Trendumkehr: Der Wert stieg 2021 wieder um 0,5 Monate an. Im Vergleich mit 2019 lag das Minus also bei 7,6 Monaten. Damit liegt Österreich in etwa im gleichen Bereich wie Portugal, Italien, die Niederlande, Spanien, England und Wales oder Slowenien. All diesen Staaten ist gemein, dass eine Trendumkehr zu bemerken war.

Nicht so in Deutschland, wo das Minus im ersten Pandemiejahr mit 2,6 Monaten zwar gering ausfiel, dann aber im Jahr 2021 weiter auf 5,7 Monate gegenüber 2019 anstieg, so die Analyse. Darüber hinaus identifizierten die Forscher eine Gruppe an Ländern (Frankreich, Belgien, die Schweiz und Schweden), in denen zwar 2020 teils hohe Lebenserwartungsverluste registriert wurden, die jedoch im Jahr darauf wieder fast komplett ausgeglichen wurden.

Ganz anders ist das Bild in großen Teilen Osteuropas, in Schottland und Nordirland, in den USA und Chile: Hier setzte sich der Abwärtstrend fort – wenn auch in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Für Bulgarien weist der Lebenserwartungsvergleich zwischen 2019 und 2021 gleich ein Minus von 43 Monaten aus. In der Slowakei sind es 33 und in den USA knapp über 28 Monate.

Unterschiedliche Maßnahmen und Impfkampagnen

Während Länder mit deutlich weniger reduzierter Lebenserwartung schnell breite Impfkampagnen führten, effektive Eindämmungsmaßnahmen etablierten und mit hohen Kapazitäten im Gesundheitssystem ausgestattet waren, blieben in weiten Teilen Osteuropas etwa die Impfraten hinter den westlicheren Ländern zurück. In den USA habe Covid-19 das bereits zuvor bestehende Phänomen verstärkt, dass dort vor allem relativ viele Männer im Alter unter 60 Jahren sterben. Zu den häufigen Ursachen wie Drogenüberdosierungen und Gewaltverbrechen gesellte sich auch Covid-19. Auch die Impfquote unter den 50- bis 64-Jährigen liegt in den USA deutlich niedriger als bei den über 65-Jährigen, schreiben die Wissenschaftler. Die größere Verbreitung von Übergewicht und Diabetes in den USA dürfte ebenso eine Rolle gespielt haben.

Beim Blick auf Europa wird deutlich, dass es viele Länder nach 2020 geschafft haben, die Sterberaten in der Altersgruppe über 80 einzudämmen. Dass etwa in Österreich die Lebenserwartung 2021 insgesamt wieder etwas anstieg, ist auf die "Normalisierung" der Sterberate in den hohen Alterskohorten zurückzuführen.