Jährlich erleiden mehr als 30.000 Personen in Österreich einen Herzinfarkt. Die Zahl der Personen, die deshalb langfristig medikamentös optimal versorgt werden müssen, um einen zweiten Infarkt zu verhindern, wird bei sinkender Sterblichkeit nach solchen Ereignissen immer höher. Eine sogenannte "Polypille" in der alle wichtigsten Wirkstoffe miteinander kombiniert werden, soll laut einer neuen Studie wirksamer sein als mehrere einzelne Medikamente.

Grundsätzlich werden Patienten nach einem Herzinfarkt standardmäßig unter anderem mit Acetylsalicylsäure (ASS) in niedriger Dosierung behandelt, um weitere Thrombenbildungen in Koronararterien zu verhindern, als auch mit einem ACE-Hemmer zur Blutdrucksenkung und einem Statin zur Reduktion des LDL-Cholesterinspiegels. Statine und ACE-Hemmer haben zusätzliche positive Effekte, Cholesterinsenker können so auch als Entzündunghemmer wirken. Viele Patienten nehmen die Medikamente allerdings nicht regelmäßig, weshalb der britische Arzt Nicholas Wald vor rund zwei Jahrzehnten das Konstrukt einer "Polypille" vorschlug, in der die drei wichtigsten Wirkstoffe in einer Fixkombination vereint werden.

Studie mit 2499 Patienten

In Barcelona wurde nun beim europäischen Kardiologenkongress eine Studie des spanischen Kardiologen Valentin Fuster präsentiert, die den Wert einer solchen "Polypille" in der sogenannten Sekundärprophylaxe nach einem ersten Herzinfarkt belegen sollte. In der Phase-III-Studie erhielten Patienten nach einem Herzinfarkt innerhalb der vorangegangenen sechs Monate entweder eine "Polypillen"-Behandlung oder die übliche Therapie. Die "Polypille" bestand aus Aspirin, Ramipril (ACE-Hemmer) und Atorvastin (Cholesterinsenker). Als primäres Bewertungskriterium wurden Herz-Kreislauf-Todesfälle, ein neuerlicher Herzinfarkt oder Schlaganfall sowie Eingriffe zur Beseitigung von akut aufgetretenen Gefäßverschlüssen verwendet.

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Insgesamt 2499 Patienten im Alter von durchschnittlich 76 Jahren wurden in die Studie aufgenommen, die Beobachtungszeit betrug im Mittel drei Jahre. Im Bedarfsfall wurden neben der "Polypille" zusätzliche Medikamente wie Betablocker verabreicht. Probanden der "Polypillen"-Gruppe nahmen am Tag durchschnittlich 3,4 Tabletten ein, in der Vergleichsgruppe waren es 5,4.

"Polypille" reduziert neuerliche Erkrankungen um 24 Prozent

Die "Polypillen"-Strategie schnitt in der Endauswertung deutlich besser ab. Eine neuerliche akute Herz-Kreislauf-Erkrankung stellte sich bei 9,5 Prozent (118 von 1.237 Personen) der „Polypillen“-Probanden ein, in der Vergleichsgruppe lag der Prozentsatz bei 12,7 (156 von 1.229 Probanden). Das resultiert in einer statistischen Reduktion von Akutereignissen um 24 Prozent.

Vermutet wird, dass die regelmäßigere Einnahme der "Polypille" unter anderem ausschlaggebend für den positiven Effekt war. Nach sechs Monaten nahmen nämlich noch 70,6 Prozent dieser Probanden ihre Arzneimittel-Fixkombination ein. In der Vergleichsgruppe waren es 62,7 Prozent. Mit der Zeit verbesserte sich in beiden Gruppen diese „Therapietreue“, der Unterschied zwischen den beiden Gruppen blieb aber gleich.