Jahrelang versuchte die LGBTQI+-Community eine Änderung der Blutspende-Regelungen zu erwirken. Bislang blieb es homosexuellen Personen verwehrt, Blut zu spenden. Das Gesetz, das noch aus den 90er-Jahren stammt, berief sich auf ein erhöhtes Risikoverhalten bei besagter Gruppe. Mit 1. September gehört diese Regelung nun der Vergangenheit an. Bereits im Mai diesen Jahres wurde die neue Verordnung von der Regierung beschlossen, jetzt wird sie umgesetzt.
In Zukunft gilt beim Blutspenden eine 3x3-Regelung. "Das bedeutet, dass alle Menschen, die innerhalb der letzten drei Monate nicht mehr als drei Sexualpartner hatten, Blut spenden dürfen. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle", sagt Christof Jungbauer vom Österreichischen Roten Kreuz. Eine Voraussetzung sei jedoch, dass die Spender in den vier Wochen vor der Blutspende keinen ungeschützten Sexualkontakt zu einem neuen Partner gehabt haben dürfen, ergänzt er.
Regelung aus 1999
Ob die Änderung früher hätte kommen sollen, kann Jungbauer aus medizinischer Sicht nicht pauschal beantworten. "Die alte Verordnung stammt aus 1999, nach mehr als 20 Jahren hat sich natürlich viel getan und verändert, das betrifft nicht nur die Blutspende-Regeln für homosexuelle Personen", sagt er. "Da sind mehrere Dinge, die geändert gehören." In den kommenden Jahren sollen mehr als 20 weitere Änderungen an der Verordnung vorgenommen werden, lässt er wissen. "Es handelt sich zwar um Details, aber in Summe sind sie wichtig für die Sicherstellung der zukünftigen Blutversorgung."
Jungbauer schätzt, dass sich die Spenderbasis durch die Erweiterung der Gruppe der spenderfähigen Personen gradual um drei Prozent erhöhen werde. "Das ist aber ein langsamer Prozess, der nicht von heute auf morgen geschehen wird", weiß er.
Ebenfalls erfreut über die neue Regelung ist auch Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle des Landes Steiermark. Gemeinsam mit der LGBTQI+-Community und dem Organisator des Schlossbergballs Ingo Reinhardt, hat sich Grabovac bereits seit 2014 für die Änderung der Verordnung starkgemacht. "Es ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Damals habe ich gedacht, dass das einfach nur ein Fehler im Gesetz sei, umso schockierter war ich dann, als mir gesagt wurde, dass das schon korrekt sei." Etwas, das Grabovac bislang sauer aufstieß: "Blutspender werden immer als Alltagshelden betitelt, die alte Regelung gab Homosexuellen bislang das Gefühl, dass sie als Helden nicht erwünscht sind."
Auch ein offener Brief erging in der Vergangenheit bereits an das Gesundheitsministerium. "Danach hat es geheißen, ich wolle durchsetzen, dass 'Aids-verseuchtes' Blut genutzt wird. Ich hätte nie gedacht, dass das solche Reaktionen auslösen könnte", sagt Grabovac. Ein Beweis für sie, dass Vorurteile noch immer tief verwurzelt sind. Das Argument, dass homosexuelle Männer laut Studien ein erhöhtes Risiko für eine Aids-Erkrankung haben, wollte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle bereits vor dem Beschluss der neuen Verordnung nicht gelten lassen. "Unabhängig von Geschlecht und Orientierung sollte das Risikoverhalten erfragt werden."
Nur 3,5 Prozent spenden Blut
Genau dieses individuelle Risikoverhalten wird ab 1. September auf den Fragebögen erfragt. 2021 spendeten in Österreich insgesamt 222.295 Personen Blut. "Das sind nur 3,5 Prozent der spendefähigen Personen", weiß Jungbauer. Zwar reichten die Konserven bislang aus, um eine Versorgung zu garantieren, immer wieder stoßen die Blutbanken allerdings an ihre Grenzen. "Vor allem im Sommer haben wir jedes Jahr ein Loch." Immer wieder muss das Rote Kreuz aktiv zum Blutspenden aufrufen, um genug Blutkonserven zu generieren. Der Nachteil daran: "Nach Aufrufen und bei gezielten Blutspendeaktionen kommt es dann zu langen Wartezeiten, die Leute werden frustriert. Wenn regelmäßig gespendet werden würde, könnte man das vermeiden", so Jungbauer.
Alle 90 Sekunden wird durchschnittlich in Österreich eine Konserve benötigt, das sind ungefähr 1000 am Tag. "Gespendetes Blut ist aber nur 42 Tage haltbar", sagt Jungbauer. "Deswegen sind wir auf jede Spende angewiesen, egal welche Blutgruppe." Zehn Minuten hängen Spender an der Nadel, Erstspender werden speziell betreut. "Weil wir wissen, dass manche Leute Angst vor Nadeln oder Blut haben. Und nach dem Spenden darf man zum Buffet", macht Jungbauer potenziellen Spenderinnen und Spendern Mut. Im ländlichen Bereich wird allgemein mehr Blut gespendet als im urbanen Raum. "Da haben wir noch Aufholbedarf, außerdem bemerken wir eine Altersschere, Leute ab 36 Jahren spenden mehr als die jüngeren", sagt er.