95 Prozent der Affenpocken-Fälle sind laut einer Studie die Folge einer Infektion durch sexuelle Kontakte. Für die am Donnerstag im Fachmagazin "New England Journal of Medicine" veröffentlichte Untersuchung werteten Wissenschafter 528 bestätigte Infektionen in 16 Ländern zwischen dem 27. April und dem 24. Juni aus. In Österreich wurden bisher 99 Fälle von Affenpocken gemeldet, meldete die AGES am Freitag den aktuellen Stand, nach 83 Fällen vor einer Woche.
"Es ist wichtig zu betonen, dass die Affenpocken keine Geschlechtskrankheit im traditionellen Sinne sind; sie können durch jede Art von engem körperlichen Kontakt übertragen werden", erklärte Studienautor John Thornhill. "Unsere Arbeit legt aber nahe, dass die meisten Übertragungen in Verbindung mit sexueller Aktivität stehen - hauptsächlich, aber nicht ausschließlich zwischen Männern, die Sex mit Männern haben." Der Studie zufolge waren 98 Prozent der Infizierten homosexuelle oder bisexuelle Männer. 41 Prozent waren auch mit dem HI-Virus infiziert, das Medianalter betrug 38 Jahre.
Wegen der Ausbreitung der Affenpocken war am Donnerstag das Notfallkomitee der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Beratungen über die Frage zusammengekommen, ob ein weltweiter Gesundheitsnotstand ausgerufen werden soll. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus zeigte sich dabei "besorgt" über die Zunahme der Fälle. Wann das Ergebnis der knapp sechsstündigen Beratungen veröffentlicht wird, war unklar.
Bei ihrer Dringlichkeitssitzung im Juni hatten die Experten dem WHO-Generalsekretär noch davon abgeraten, die höchste Alarmstufe auszurufen. Seitdem haben sich die Infektionsfälle jedoch weiter ausgebreitet, die US-Gesundheitsbehörde CDC berichtet inzwischen von rund 15.400 Fällen in 71 Ländern.
Bei den Affenpocken handelt es sich um eine weniger gefährliche Verwandte der seit etwa 40 Jahren ausgerotteten Pocken, die üblicherweise in West- und Zentralafrika vorkommt. Seit Mai breiten sich die Affenpocken aber auch in anderen Ländern aus, vor allem in Westeuropa, darunter auch Österreich.