Wie ist die aktuelle Situation in westlichen Ländern?
ANTWORT: Offenbar hat sich der Erreger bereits längere Zeit unbemerkt in mehreren westlichen Ländern ausgebreitet, bis Freitag waren dann bereits zahlreiche Nachweise aus Europa und Nordamerika bekannt, darunter aus Großbritannien, Spanien, Portugal, Italien sowie Deutschland und Schweden, das die seltene Viruserkrankung als für die Allgemeinheit gefährlich eingestuft hat.In Österreich wurde bisher ein Fall in Wien registriert. Allerdings ist im Zuge der gestiegenen Aufmerksamkeit mit weiteren Nachweisen zu rechnen, wohl auch in anderen Regionen der Welt.

Das Besondere an der aktuellen Situation ist, dass einige der Erkrankten weder Kontakt zu infizierten Reiserückkehrern hatten, noch waren sie selbst in Gebiete gereist, wo die Affenpocken endemisch sind. Demnach ist es das erste Mal, dass die Affenpocken in Europa auftreten, ohne dass es eine bekannte Verbindung zu West- oder Zentralafrika gibt.

Was sind die Affenpocken?
ANTWORT: Bei Affenpocken handelt es sich um ein DNA-Virus. Es ist eng verwandt mit dem Variolavirus, welches die Pocken verursacht. Dieses gilt nach Impfkampagnen seit 1980 als ausgerottet. Der Affenpocken-Erreger wurde erstmals 1958 in einem dänischen Labor bei Affen nachgewiesen – daher der Name Affenpocken. Fachleute vermuten allerdings, dass der Erreger eigentlich in Hörnchen und Nagetieren zirkuliert, Affen gelten als sogenannte Fehlwirte. Das Affenpockenvirus ist auch auf den Menschen übertragbar. 

Aber das Wissen um Erreger und Erkrankung ist gering, betont Charlotte Hammer, Infektiologin am Downing College Cambridge in Großbritannien: "Wir wissen zurzeit nur wenig über Affenpocken, da die Forschung hierzu unterfinanziert und unterrepräsentiert ist. Aktuell sind etwa 1500 Fälle bekannt, das heißt, unser Wissen basiert nur auf einigen wenigen Fällen."

Wie gefährlich sind die Affenpocken?
ANTWORT: In der Regel halten die Symptome zwei bis vier Wochen an und die Krankheit heilt von alleine aus. Affenpocken gelten als wenig ansteckend und sind in Teilen Afrikas endemisch. Erstinfektionen sind häufig zoonotischen Ursprungs, das bedeutet, sie werden von einem Tier auf den Menschen übertragen. Affenpockenviren treten in zwei unterschiedlichen Formen auf: "Infektionen in Zentralafrika können mit schweren generalisierenden Erkrankungen einhergehen, die der mittlerweile weltweit ausgerotteten Menschenpockenerkrankung – Variola, englisch Smallpox – ähnelt", erklärt Gerd Sutter vom Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen, Ludwig-Maximilians-Universität München. "Bei Infektionen in Westafrika werden in der Regel mildere Verlaufsformen beobachtet, welche durch das Auftreten von Fieber und meist nur einzelnen Pockenläsionen auf Haut oder Schleimhaut gekennzeichnet sind."

Bei der aktuell kursierenden Variante dürfte es sich um die westafrikanische handeln. Diese führe in Afrika bei etwa einem Prozent der Erkrankten zum Tod. Bei der zentralafrikanische Variante sollen zehn Prozent der Erkrankungen tödlich verlaufen.

Welche Gruppen sind besonders gefährdet?
ANTWORT: Alle Altersgruppen und beide Geschlechter gelten laut dem deutschen Robert-Koch-Institut zufolge als gleichermaßen empfänglich. Von tödlichen Verläufen in Afrika sind vor allem Kinder betroffen. Auch bei immungeschwächten Personen ist ein schwerer Verlauf wahrscheinlicher.

Wie werden Affenpocken übertragen?
ANTWORT: "Zu den Übertragungsarten gibt es zurzeit noch große Wissenslücken", sagt Charlotte Hammer. Grundsätzlich ist eine Übertragung von Tieren auf den Menschen möglich. Dem RKI zufolge geschieht eine Übertragung auf den Menschen allgemein häufig durch Kontakt mit infizierten Tieren oder tierischem Blut und Sekreten, über das Essen infizierten Affenfleischs sowie Tröpfcheninfektion. Demnach infiziert das Virus Kontaktpersonen, indem es von den Pusteln Erkrankter in Wunden oder die Augen von Kontaktpersonen gelange, auch das Einatmen von Tröpfchen mit den Partikeln sei ein Weg.

Die Übertragung von Mensch zu Mensch dürfte engen Kontakt benötigen, sie erfolgt über Körperflüssigkeiten, Schorf, verunreinigte Materialien, wahrscheinlich auch durch sexuellen Kontakt. Infizierte Menschen sind ansteckend, bis alle Krusten abgefallen und durch neue Haut ersetzt wurden. "Es ist davon auszugehen, dass die Übertragung über engen körperlichen Kontakt wie zum Beispiel über Körperflüssigkeiten oder Kontakt mit Hautausschlag erfolgt, aber auch Schmierinfektionen auf Oberflächen sind möglich", so Hammer. Auch eine Tröpfcheninfektion scheint möglich zu sein. 

Nachgewiesen kann das Affenpockenvirus via PCR-Test werden.

Was sind die Symptome von Affenpocken?
ANTWORT: Zu den Symptomen zählen: plötzlich einsetzendes Fieber, starke Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Halsschmerzen, Husten, häufig auch Lymphknotenschwellungen. Typisch ist zudem ein vom Gesicht auf den Körper übergreifender, pockentypischer Ausschlag. Selten treten Erblindung und entstellende Narben als Dauerschäden auf.

Schützt die Pockenimpfung bzw. gibt es eine Therapie gegen Affenpocken?
ANTWORT: Eine zugelassene Impfung speziell gegen Affenpocken gibt es nicht, aber die Pockenimpfung hat sich auch gegen die Affenpocken zu 85 Prozent als wirksam erwiesen. Allerdings wird seit Längerem nicht mehr gegen die Pocken geimpft, da die Krankheit seit mehr als 40 Jahren ausgerottet ist. "Die gute Nachricht ist, dass der Pockenimpfstoff gut gegen Affenpocken wirkt", sagte der Epidemiologe Eric Feigl-Ding dem Science Media Center. "Die schlechte Nachricht ist, dass die meisten Menschen unter 45 Jahren nicht gegen Pocken geimpft sind." In der EU ist ein Impfstoff gegen echte Pocken zugelassen, der ein modifiziertes Pockenvirus enthält. 

Behandelt werden die Symptome sowie mögliche bakterielle Sekundärinfektionen, eine speziell gegen Affenpocken gerichtete Therapie gibt es nicht.