"Erschreckend schlechte wissenschaftliche Standards in der Homöopathie-Forschung" ortet eine Studie des Wissenschaftler-Netzwerks "Cochrane Österreich". Die wissenschaftliche Arbeit in diesem Bereich weise ein hohes Risiko für Verzerrungseffekte auf und "die tatsächliche Wirkung von homöopathischen Mitteln könnte daher überschätzt sein", schreiben die Wissenschaftler um Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems im Fachjournal "BMJ Evidence-Based Medicine".
In den USA, in der EU und von der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es öffentlich einsehbare Datenbanken, wo klinische Forschungsarbeiten vorab registriert werden können. Zu dieser Registrierung einer Studie im Vorfeld sowie zur Veröffentlichung ihrer Ergebnisse nach Abschluss sind Wissenschaftler seit 2008 durch eine Deklaration des Weltärztebundes zu ethischen Grundsätzen für die medizinische Forschung am Menschen verpflichtet. Allerdings sei der Anteil an Studien, deren Ergebnisse nicht veröffentlicht werden, noch immer hoch – und das nicht nur bei Untersuchungen, die die Homöopathie betreffen, heißt es in einer Aussendung der Donau-Uni.
Gerald Gartlehner, Leiter des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation der Donau-Uni hat sich mit Kollegen der Karl Landsteiner Privatuniversität und der Medizinischen Universität Wien im Rahmen von "Cochrane Österreich" nun den Umgang von Homöopathie-Studien mit dieser Registrierung angesehen. Sie zeigten, dass seit 2002 fast 38 Prozent der registrierten Homöopathie-Studien unveröffentlicht geblieben sind. Umgekehrt wurden 53 Prozent der veröffentlichten randomisierten kontrollierten Studien nicht im Vorfeld registriert.
Weiters wurde bei 25 Prozent der registrierten Studien zur Homöopathie das Hauptziel in der späteren Veröffentlichung verändert oder angepasst. Darüber hinaus ergaben nicht registrierte Studien größere therapeutische Effekte als vorab registrierte Arbeiten.
Veröffentlichung scheint vom Ergebnis abzuhängen
Für die Wissenschafter weist der hohe Anteil an nicht oder erst im Nachhinein registrierten Homöopathie-Studien darauf hin, dass deren Veröffentlichung tendenziell von den Ergebnissen abhängt – sie nennen solch verzerrende Effekten auf die Studienlage "Reporting-Bias". Für Gartlehner zeigen diese Ergebnisse "erschreckend schlechte wissenschaftliche Standards in der Homöopathie-Forschung. Man kann davon ausgehen, dass viele Studien nicht publiziert wurden, weil sie nicht das gewünschte Ergebnis gezeigt hatten. Publizierte Homöopathie-Studien berichten wahrscheinlich nur die attraktiven Ergebnisse und bieten daher ein verzerrtes Bild der Wirksamkeit von Homöopathie". Dadurch könnte der tatsächliche Behandlungseffekt der homöopathischen Mittel überschätzt werden, schreiben die Forscher in ihrer Arbeit.