Jene Menschen, die sich im vergangenen Jahr in eine Position starker Impfgegnerschaft begeben haben, sind derzeit kaum mehr darauf ansprechbar. "Es gibt einen harten Kern, der nicht mehr erreichbar ist. Das sind rund zehn Prozent der Bevölkerung. Faktum ist, dass wir in beiden Ländern – in Deutschland und Österreich – (bei den Covid-19-Impfungen; Anm.) stagnieren", sagte Cornelia Betsch (Universität Erfurt) Mittwochabend bei einem Ärzte-Webinar "Fokus impfen", einer Veranstaltung der Akademie der Ärzte und Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie. Die Wissenschaftlerin und ihr Team haben seit März 2020, also mit dem Auftreten der Corona-Pandemie in Europa, laufend repräsentative Umfragen durchgeführt und auch die vergleichbaren Daten aus Österreich berücksichtigt.

"Im Vergleich zu Geimpften sorgen sich Ungeimpfte weniger um die Überlastung des Gesundheitswesens. Ungeimpfte denken, dass sie sich weniger wahrscheinlich infizieren. Geimpfte sorgen sich mehr darüber zu erkranken und finden die (Gegen-)Maßnahmen nicht übertrieben. Geimpfte schauen anders auf die Pandemie. Die Ungeimpften sagen viel häufiger, dass sie Angst vor der Impfung haben", erklärte die Expertin. Insgesamt seien Empfehlungen des jeweiligen Arztes des Vertrauens höchst relevant und hätten potenziell einen großen Effekt: "Die Empfehlung des Hausarztes ist unglaublich wichtig."

Positionen sind verhärtet

Die Positionen hätten sich im Verlauf der Pandemie jedenfalls verhärtet. Cornelia Betsch: "Da es immer weniger Ungeimpfte in den Befragungen gibt, werden die Unterschiede mit der Zeit extremer. Je stärker der Druck (auf Ungeimpfte; Anm.) wird, desto stärker wird der Ärger und die Tendenz zu Aktivismus." Insgesamt seien aber Empfehlungen der Haus- und Vertrauensärzte anhaltend wichtig, um vielleicht doch noch zur Impfung zu motivieren. Von der nunmehrigen Erhältlichkeit des Novavax-Proteinimpfstoffes gegen Covid-19 sollte man sich aber nicht zu viel erwarten. Die Wissenschaftlerin: "Der Impfstoff ist da – und es kommt keiner, um sich impfen zu lassen. Diese Gruppe ist sehr ängstlich."

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Wichtig sei es in Diskussionen mit Impfgegnern, weniger falsche Ansichten zu kritisieren als das Richtige konsequent zu benennen, erklärte Publizistin Ingrid Brodnig. Sie nannte ein mögliches Argument für Ärzte in Beratungsgesprächen: "Ich habe noch niemand gesehen, der an der Impfung gestorben ist. Aber ich habe Menschen gesehen, die an Corona gestorben sind." Man sollte sich bei den Bemühungen, noch mehr Menschen für die Covid-19-Impfung zu motivieren, wahrscheinlich am besten in jenen Bevölkerungsgruppen engagieren, die "zögerlich", aber nicht rundweg ablehnend seien.

Information und Aufklärung am Arbeitsplatz

Ein sehr positives Beispiel stellte Eva Höltl, Leiterin des Arbeitsmedizin-Zentrums der Erste Bank dar: "Wir haben es bereits im Dezember 2021 auf eine Impfquote von 95 Prozent gebracht." Das sei durch intensive Informations- und Aufklärungskampagnen unter allen Beschäftigten des Konzerns gelungen. Überhaupt sei der Arbeitsplatz potenziell wahrscheinlich eine zentrale Plattform für Gesundheitskommunikation: "Vier Millionen Österreicher sind am Arbeitsplatz anzutreffen. Und wir wissen, welche Gruppen unter ihnen eher impfskeptisch sind." So könne man zielgerichtet informieren. "Lehrlinge sind zum Beispiel ganz besonders impfskeptisch. Aber 70 Prozent der jungen Menschen vertrauen dem österreichischen Gesundheitssystem."

Laut den Experten könnten jedenfalls in den nächsten Monaten bis in den Herbst hinein neue Initiativen gesetzt werden. So könnten Ärzte eventuell über Antikörper-Untersuchungen nach überstandener Sars-CoV-2-Infektion bei zuvor Ungeimpften einen Ansatzpunkt finden, um den Wert einer zusätzlichen Impfung für einen anhaltenden Schutz darzustellen.

Vor allem die Hausärzte aber genießen einen hohen Vertrauensvorschuss und könnten längerfristig doch noch Patienten zur Covid-19-Impfung – wie auch zu anderen Impfungen – motivieren.