Bei unerfülltem Kinderwunsch sollte spätestens nach einem Jahr Ausbleiben der gewünschten Schwangerschaft die Ursache abgeklärt werden. Das betrifft bis zu einem Fünftel der Paare, berichtete die Medizinerin Daniela Chemogo-Gbellu vom Universitätsklinikum Frankfurt am Sonntagnachmittag zum Auftakt des Apothekerkongresses der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming. Ab einem Alter von 35 Jahren der betroffenen Frau riet sie schon nach sechs Monaten zu einem Arztbesuch.
"Innerhalb zwölf Monaten ungeschützten Verkehrs tritt bei circa 80 Prozent der Paare eine Schwangerschaft ein", erläuterte Chemogo-Gbellu. Bei den anderen "ist eine weiterführende Diagnostik sinnvoll", bei bis zu 15 Prozent "notwendig", betonte die Gynäkologin. "Per Definition liegt nun eine Fruchtbarkeitsstörung vor." Der Grund liege in etwa einem Drittel der Fälle bei den Frauen, etwas seltener, aber ebenso zu rund einem Drittel, bei Männern und zu einem weiteren Drittel bei beiden.
Während beim Mann oft eine Spermienanalyse ausreiche und Nikotin-, Alkohol- oder Drogenkonsum ursächlich sein können, sei die Diagnose bei der Frau schwieriger. Die Gründe für eine Fruchtbarkeitsstörung können hormonell bedingt sein und Zyklusstörungen auslösen, weiters gibt es anatomische Fehlbildungen wie eine Verengung des Eileiters oder Erkrankungen (Endometriose, Myome, Infektionen, Diabetes oder Adipositas), die die Fertilität stören. Genetisch kommen auch Chromosomenveränderungen infrage, Schäden nach Chemotherapien sowie Bestrahlungen oder einfach das fortgeschrittene Alter der Frau.
Auch starker mechanischer Druck auf die Brust könne Fruchtbarkeitsprobleme verursachen. "Ich hatte mal eine Patientin, die hat einen zu engen BH getragen." Das habe gedauert, bis sie auf diese Ursache gekommen sei, berichtete Chemogo-Gbellu. Über- oder Unterfunktionen der Schilddrüse verursachen vergleichsweise häufiger Fertilitätsstörungen, hier können jodhaltige Nahrung wie Fisch oder auch Medikamente helfen. Neun Prozent der Frauen – deutlich mehr als Männer – sind von Schilddrüsenerkrankungen betroffen.
Bei Adipositas werden Frauen ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 33 "deutlich weniger schwanger werden". Außerdem ist das Fehlgeburtsrisiko erhöht, betonte die Frauenärztin. Auch Diabetes könne eine Fruchtbarkeitseinschränkung bewirken, wenn die Krankheit gut eingestellt ist, sei eine Schwangerschaft jedoch deutlich wahrscheinlicher, sagte Chemogo-Gbellu bei der Fortbildungsveranstaltung für Apothekerinnen und Apotheker mit dem Thema "Schwanger werden – schwanger sein".
"Mit Beginn der 30er-Jahre einer Frau beginnt die Fruchtbarkeitseinschränkung", betonte Chemogo-Gbellu. 1970 seien Frauen am häufigsten Anfang ihrer 20er-Jahre erstmals schwanger geworden, im Jahr 2000 war es Anfang 30, erläuterte die Oberärztin vom Universitätsklinikum Frankfurt. Sie hob daher die Wichtigkeit hervor, frühzeitig fachliche Beratung einzuholen und Fruchtbarkeitsdiagnostiken zu veranlassen.