Trotz vieler Dutzend verschiedener Diäten – von Low Carb- und Low Fat- bis "Steinzeit"-Paläo-Ernährung und schlichtem Dinner-Cancelling – steigt die Häufigkeit von Adipositas weltweit an. Seit Jahren ist bekannt, dass weniger Schlaf häufiger mit Gewichtszunahme verbunden ist. US-Wissenschaftler haben jetzt in einem praxisnahen Experiment bewiesen: 1,2 Stunden mehr Schlaf führen bei Probanden zu 270 Kilokalorien weniger Energieaufnahme pro Tag.

"Es gibt fundierte Hinweise darauf, dass regelmäßig weniger als sieben Stunden Schlaf pro Nacht mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit verbunden sind. Im Speziellen ist zunehmend anerkannt, dass zu wenig Schlaf ein bedeutender Risikofaktor für Adipositas ist. Auf der anderen Seite ist bisher ungeklärt, ob eine Verlängerung der Schlafdauer eine wirksame Strategie zur Vorbeugung von Adipositas oder zur Gewichtsreduktion sein kann", schrieben jetzt Esra Tasali und Co-Autoren von der Abteilung für Öffentliche Gesundheit der Universität von Chicago in der Fachzeitschrift der amerikanischen Ärztegesellschaft (JAMA Internal Medicine). 

Mehr zum Thema

Die Wissenschaftler führten zwischen Anfang November 2014 und Ende Oktober 2020 eine Studie mit 80 Probanden durch. 41 von ihnen waren Männer. Alle Teilnehmer hatten Übergewicht mit einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 25 und 29,9. Ein BMI über 30 wird als Adipositas angesehen. Die Teilnehmer im mittleren Alter von 29,8 Jahren schliefen normalerweise weniger als 6,5 Stunden pro Nacht.

In der klinischen Studie wurde die Hälfte der Gruppe per Beratung und Maßnahmen zur Schlafhygiene dazu angehalten, pro Nacht möglichst auf 8,5 Stunden Schlaf zu kommen. Gewicht, Energieaufnahme, Energieverbrauch etc. wurden penibel mit technischen Mitteln überwacht. Das Gleiche galt für die Schlafdauer. Nach einer zweiwöchigen Anlaufphase ohne Intervention dauerte die eigentliche Studie dann weitere zwei Wochen. Die Probanden blieben zu Hause und führten ihr normales Leben, wie sonst auch.

In der Auswertung zeigte sich ein für die Vermeidung von Adipositas und für Gewichtsabnahme potenziell enorm wichtiger Effekt. Die Wissenschaftler: "Die Gruppe mit mehr Schlaf zeigte eine signifikante Reduktion der Energieaufnahme (minus 270 Kilokalorien pro Tag) im Vergleich zur Kontrollgruppe. Es gab keinen signifikanten Effekt dieser 'Behandlung' auf den Energieverbrauch. Das Verbessern oder das Gewährleisten einer gesunden Schlafdauer über längere Zeiten hinweg könnte Teil einer Adipositas-Prävention und von Programmen zur Gewichtsabnahme sein."

Offenbar bremst mehr Schlaf den Appetit, denn auf Diäten etc. wurde in der Untersuchung natürlich verzichtet. Schon regelmäßig geringe Veränderungen in der Kalorienaufnahme wirken sich langfristig erheblich auf das Körpergewicht aus. Die Autoren der Studie führen dazu wissenschaftliche Beobachtungen an, wonach pro Tag um hundert Kilokalorien mehr Energieaufnahme binnen drei Jahren zu einer Gewichtszunahme um 4,5 Kilogramm führen.

Kurzzeit-Experimente im Labor hatten bereits zu ähnlichen Hinweisen bezüglich der Auswirkung von mehr Schlaf auf die Energieaufnahme von Probanden geführt. "Nach unserem Wissen ist diese Studie jedenfalls die erste, welche Hinweise auf einen positiven Effekt einer Verlängerung der Schlafdauer bis zu einem gesunden Ausmaß auf die objektiv gemessene Energieaufnahme und das Körpergewicht bei Probanden in ihrem normalen Lebensumfeld gibt", stellten die Experten in der vor wenigen Tagen erschienen Untersuchung fest.