Seit der Entdeckung der Immunschwächekrankheit Aids Anfang der 1980er-Jahre wurden viele Versuche unternommen, die Krankheit einzudämmen oder sogar zu verhindern. Obwohl seit Jahren an Impfstoffen gearbeitet wird, welche gegen HI-Viren schützen sollen, ist bislang noch kein solches Vakzin geglückt. Nun gibt es aber Hoffnung, dass sich das ändern könnte: Das US-Biotechunternehmen Moderna und die Organisation International Aids Vaccine Initiative teilten mit, dass in den USA der Test eines Aids-Impfstoffes am Menschen angelaufen ist.
Vakzin mit mRNA-Technologie
Der Impfstoff basiert auf der mRNA-Technologie, welche schon jahrzehntelang erforscht wird und jetzt durch die Covid-19-Vakzine weltweit bekannt geworden ist. In Phase-I der Studie zum Aids-Impfstoff sei dieser 56 HIV-negativen Menschen verabreicht worden.
Der Impfstoff soll im Körper des Menschen die Produktion eines bestimmten Antikörpertyps (bnAb) anregen. Dieser Antikörpertyp ist gegen verschiedene der zahlreichen Varianten des HI-Virus wirksam. Das HI-Virus ist dafür verantwortlich, dass Aids ausgelöst wird. In einer Aussendung von Moderna und der International Aids Vaccine Initiative heißt es: „Die Produktion von bnAbs gilt allgemein als Ziel der Impfung gegen HIV, und es handelt sich um einen ersten Schritt in diesem Prozess.“
Bisher erfolglos
Das könnte ein wichtiger Durchbruch sein. Denn geforscht wird an Impfstoffen gegen Aids schon seit vielen Jahren. Bislang ist es aber nicht gelungen, ein derartiges Vakzin zu entwickeln, das auch ausreichend wirksam wäre. Die rasche Entwicklung der Covid-19-Impfstoffe hat aber bei vielen Forscherinnen und Forschern neue Hoffnung geweckt.
Ein Aids-Impfstoff wäre von großer Bedeutung, denn immer noch sterben jedes Jahr Hunderttausende Menschen an dieser Krankheit, 2020 waren es 680.000. Etwa 9000 Menschen in Österreich leben laut Zahlen der Statistik Austria mit HIV, nach Schätzungen der Österreichischen Aids Gesellschaft kennen rund zehn Prozent von ihnen ihren Infektionsstatus nicht.
Komplex und mutationsfreudig
Doch warum gibt es trotz der großen Notwendigkeit bisher noch keinen Impfstoff? HI-Viren sind schwer zu neutralisieren, da diese besonders komplex aufgebaut sind. Diese Viren infizieren Zellen des menschlichen Immunsystems und integrieren somit ihr genetisches Material in die DNA dieser Zellen. Das hat weitreichende Folgen: Während die meisten Menschen nach Infektionen mit etwa Grippe- oder Coronaviren genesen und danach auch einen gewissen Immunschutz haben, ist das bei einer HIV-Infektion nicht der Fall.
Dazu kommt, dass das HI-Virus viel leichter – und damit häufiger – mutiert als etwa das Coronavirus. Da sich das Virus also ständig verändert, ist es viel schwieriger, einen Impfstoff zu entwickeln, der ausreichend und langfristig schützt. Doch auch wenn der Schutz vor diesen Viren noch in der Entwicklung ist, gab es in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte in der HIV-Forschung.
Medikamente verfügbar
Mittlerweile sind antiretrovirale Medikamente verfügbar, welche Menschen, die sich mit HIV infizieren, ein normales Leben ermöglichen. Diese müssen täglich oral eingenommen werden, um die HIV-Viruslast im Körper am besten unter die Nachweisgrenze zu drücken und so die Schädigung des Immunsystems zu verhindern. Doch auch Medikamente, die nur alle ein bis zwei Monate verabreicht werden müssen, sind bereits verfügbar.
Das Problem: Nur etwa 60 bis 70 Prozent der Infizierten weltweit haben Zugang zu solchen Präparaten. Daher wäre ein Impfstoff – wie Moderna ihn gerade entwickelt – vor allem für ärmere Länder, in denen die Menschen einen schlechten Zugang zu Medikamenten haben, von Bedeutung.