Die Omikron-Covid-19-Welle ist wahrscheinlich nicht das Ende. Auch von dieser Sars-CoV-2-Mutation gibt es bereits weitere Varianten. „Wir befinden uns in einem hochdynamischen Ereignis“, sagte der Experte Andreas Bergthaler (MedUni Wien/Centrum für Molekulare Medizin; CeMM) am Mittwochabend in einer Online-Ärztefortbildung. In der Therapie von Covid-19 hätten durch die ständige Mutation der Erreger die meisten monoklonalen Antikörper ihre Wirkung wieder verloren.

„Von Beginn der (Sars-CoV-2-)Epidemie an sind wir ständig überrascht worden. Wir sind jetzt bei so vielen Fällen, wie wir sie noch nie hatten. Wir haben sehr effektive Impfstoffe zur Verfügung. Aber ich weiß, dass ich nicht (viel) weiß“, erklärte Bergthaler, der vor kurzem eine Professur für Molekulare Immunologie an der MedUni Wien übernommen hat und sich seit Anfang der Covid-19-Pandemie mit Sars-CoV-2, seiner Verbreitung und seinen Mutationen beschäftigt. Völlig unklar sei auch, wie lange die Welt noch mit Sars-CoV-2 in seinen unterschiedlichen Varianten zu kämpfen haben werde.

Was die Pandemie treibt, das sind die ständig neu auftauchenden Mutationen des Virus. Bergthaler: „Die Mutationen von Sars-CoV-2 erfolgen zwei- bis dreimal langsamer als bei der Grippe.“ Aber durch die extrem kurze Replikationszeit der Krankheitserreger komme es ständig zu neuen Mutationen, wahrscheinlich gebe es sogar beim einzelnen Covid-19-Patienten eine ganze „Wolke“ an minimal unterschiedlichen Viren. Die fitteste Variante könne sich dann weiter verbreiten.

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„Entscheidend sind die Transmissionsfähigkeit, die Pathogenität (wie stark krank machend) und die Fähigkeit zur 'Immun-Escape' (Ausweichen der Immunabwehr, auch von Impfungen)“, erklärte der Experte. Omikron schlage die anderen bekannten Virusvarianten bezüglich des Entkommens der Immunabwehr „um Längen“. 

"Omikron ging verdammt schnell", sagte Bergthaler. Laut Daten Kalifornien führten Erkrankungen durch Omikron im Vergleich zur Delta-Variante aber um 52 Prozent seltener zu notwendigen Spitalsaufnahmen. Es kommt um 74 Prozent seltener zur Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung. Die Mortalität ist um 91 Prozent geringer.

Immer wieder neue Mutationen 

Wie es weitergeht, bleibt laut dem Experten ungewiss. „Wir sehen pro Monat etwa zwei Mutationen. Das ist erstaunlich konstant. Man kann sozusagen seine Schweizer Uhr danach stellen.“ In Österreich haben die Experten mittlerweile über die Abwasseranalyse aus mehr als 80 Kläranlagen und somit 55-prozentiger Abdeckung der Bevölkerung einen recht guten Überblick über die epidemiologische Situation. So hätte man auch bereits neue Subvarianten von Omikron registriert.

Sars-CoV-2 als „bewegliches Ziel“ schlägt bisher auch regelmäßig den vorläufig effizientesten Therapien ein Schnippchen. In den vergangenen zwei Jahren sind bereits zahlreiche monoklonale Antikörper zur möglichst frühen Behandlung von Hochrisikopatienten zugelassen worden und auf den Markt gekommen. Doch Omikron entkommt den meisten dieser Medikamente. Laut dem Infektiologen Florian Thalhammer (MedUni Wien/AKH) ist derzeit nur ein monoklonaler Antikörper (Sotrovimab) bei Omikron-Infektionen wirksam. Es werde aber bald wieder neue derartige Arzneimittel mit besserer Wirksamkeit geben.

Wahrscheinlich noch keine Herdenimmunität 

Die Zukunft rund um die Pandemie steht jedenfalls in den sprichwörtlichen „Sternen“. Bergthaler erwartet auch mit der derzeit laufenden Omikron-Welle nicht unbedingt eine „Herdenimmunität“ durch die Infektion vieler Menschen. Jede neue Virusvariante werfe die Menschheit wieder zurück. Und am Wiener AKH gibt es laut Thalhammer viele Patienten, die dreimal geimpft oder auch zweimal geimpft und einmal von Sars-CoV-2 genesen und nun mit Omikron wieder krank – mit mildem Verlauf – geworden seien. Bekannt sei auch der Fall eines ungeimpften Spitalsmitarbeiters, der sowohl durch das ursprüngliche Wuhan-Sars-CoV-2-Virus, durch einen Erreger der Delta-Variante und zuletzt auch noch durch Omikron infiziert worden und erkrankt sei.