Omikron lasst die Zahlen der Neuinfektionen weltweit wieder in die Höhe schnellen, zu sehen ist das auch in Österreich. Ein multidisziplinäres Team von internationalen Fachleuten hat sich nun zusammengeschlossen, und drei Forderungen, die für ein sofortiges, vereintes und europaweit koordiniertes Handeln formuliert. Der Text wurde diese Woche im British Medical Journal veröffentlicht. Die Essenz daraus lautet, Omikron nicht ohne Gegenwehr durchrauschen zu lassen. 

Mit Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack und Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) sind auch zwei österreichische Vertreter unter den Fachleuten. Omikrons Immunescape, also die Fähigkeit, die Immunantwort des Körpers zu umgehen, ist eine der Ursachen für die massiven Anstiege der Infektionszahlen. Die Folge dürften zum wiederholten Male überlastetes Gesundheitssysteme – sowie -personal sein. Behauptungen, dass jede/r sich irgendwann mit Omikron anstecken werde, suggerieren, dass es keine Rolle mehr spiele, ob Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Wenn sich Menschen jedoch nicht mehr um den Schutz vor Covid-19 kümmern, könnte das zu einer noch schnelleren Ausbreitung führen. "Dieser Fatalismus ist nach unseren
Erkenntnissen unangebracht und sogar gefährlich. Bewährte evidenzbasierte Maßnahmen sind immer noch wirksam, um Infektionen zu reduzieren und damit kritische Infrastruktur und Gesundheitsversorgung nicht zu überlasten", sagt Czypionka.

Die Forderungen der Expertinnen und Experten

Dementsprechend lauten die Forderungen wie folgt: 

1. Zuerst sei durch die Verringerung der Infektionszahlen auch das Gesundheitssystem zu entlasten. Aber, eine Verringerung der Fallzahlen hat ebenso den Schutz kritischer Infrastrukturen zur Folge, welche durch Personalmangel aufgrund von Krankheit, Quarantäne und Selbstisolierung gefährdet sind. Die Maßnahmen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind, sind gut etabliert und wissenschaftlich abgesichert.

Die Maßnahmen, welche die Experten vorschlagen, sind allesamt bekannt, plädiert wird dafür, diese gemeinsam, gezielt und sehr rasch einzusetzen: das Tragen von Masken, Abstand halten, Limitierung von Veranstaltungen, etc. 

Die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung sind bekannt, erprobt und wissenschaftlich belegt
Die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung sind bekannt, erprobt und wissenschaftlich belegt © BMJ

2. Diese Maßnahmen sollen einerseits helfen, die Fallzahlen zu senken, und andererseits Kinder schützen – die zweite Forderung der Experten. Denn diese sind zu großen Teilen ungeimpft bzw. ungeschützt. Da die Krankenhauskapazitäten für Kinder begrenzt sind und nicht einem spezifischen Monitoring unterliegen, könnte eine starke Virusausbreitung speziell für die Versorgung von Kindern zum Problem werden. "Die Krankenhauskapazitäten für Kinder könnten schnell erreicht werden, wenn die Inzidenz zu schnell ansteigt. Daher ist es wichtig, Infektionen zu reduzieren und die pädiatrischen Kapazitäten besser zu überwachen", bemerkt Autor Emil Iftekhar vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation. Darüber hinaus müsse die Bildung und das Wohlergehen von Kindern prioritär behandelt werden – indem der Unterricht mit extensiver Teststrategie in einer möglichst sicheren
Umgebung (z. B. hohe Belüftungsstandards und Masken) fortgesetzt wird, wie beispielsweise von der Covid-19 Future Operations Plattform schon länger vorgeschlagen.

3. Um mehr Zeit für Impfungen zu haben, sei eine niedrige Inzidenz notwendig, schreiben die Fachleute. Impfungen, insbesondere die dritte Dosis, tragen dazu bei, die Zahl der schweren Fälle erheblich zu verringern. Die dritte Impfung schützt laut rezenter Studien nicht nur wesentlich besser vor schwerer Erkrankung, sondern verringert auch für einige Zeit das Infektions- und Weitergaberisiko wesentlich.

Nur über internationale Zusammenarbeit sei diese Pandemie zu bewältigen, etwa durch Kooperationen zwischen Europäischer Union und der Weltgesundheitsorganistation WHO. "Es ist an der Zeit, die europäische und auch die globale Dimension dieser Pandemie endlich auch in der Politikgestaltung ernst zu nehmen. Das Problem kann nicht auf nationaler Ebene gelöst werden", sagt Prainsack.

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Omikron-Statement im British Medical Journal