Während viel über akute Coronaerkrankungen und deren Behandlung gesprochen wird, ist das Thema Long Covid verhältnismäßig selten in den öffentlichen Diskussionen vertreten. Dabei leiden, behandelnden Medizinerinnen und Medizinern zufolge, in Österreich zehntausende Menschen an der Symptomatik. Von Long Covid spricht man, wenn auch über die akute Phase der Krankheit hinaus Beschwerden aufrecht bleiben. Da immer mehr Menschen betroffen sind, stellt sich die Frage, wie eine adäquate Versorgung hierzulande gewährleistet werden kann.

Mit diesem Thema hat sich nun auch eine Studie aus Österreich beschäftigt. Dabei analysierte das  Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) die Versorgungsstrukturen für erwachsene Long-Covid-Betroffene in ausgewählten europäischen Ländern und den USA. Aus den Ergebnissen konnten nun Ideen für die Versorgung der Patientinnen und Patienten abgeleitet werden.

Im ersten Schritt ist es wichtig, dass Betroffene eine erste Anlaufstelle haben, an die sie sich wenden können. Sarah Wolf vom AIHTA erklärt: „In den meisten Ländern soll der Primärsektor, also Hausärzte und Primärversorgungszentren, als erste Anlaufstelle für Long-Covid-Betroffene dienen.“ Wichtig sei dabei, die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte auch auf das Krankheitsbild hin weiterzubilden: „Hier könnten den Ärztinnen und Ärzten Schulungen und Trainings bezüglich der Erkrankung, der Diagnose von Long Covid, aber auch im Hinblick möglichen Behandlungen angeboten werden“, so Wolf.

Spezialisten

Wichtig sei dabei, die Inhalte der Weiterbildung auch stets an den aktuellen Wissensstand anzupassen, da es bei dieser neuen Erkrankung immer wieder neue Erkenntnisse gibt. „Darüber hinaus könnte eine Liste mit allen Long-Covid-Spezialistinnen und -Spezialisten gemacht werden, die als Information für die Medizinerinnen und Mediziner dienen soll und ihnen bei der Entscheidung über weitere Überweisungen helfen soll“, sagt Wolf. Dadurch könne sichergestellt werden, dass Betroffene an die richtigen Expertinnen und Experten gelangen.

Um Betroffene gut betreuen zu können, sind auch Spezialambulanzen wichtig, erklärt Wolf: „In Österreich und Deutschland wurden bei bestehenden Krankenhausambulanzen spezielle Long Covid Sprechstunden zu fixen Zeiten in der Woche eingerichtet. Innerhalb dieser Sprechstunden werden dann Untersuchungen durchgeführt, möglicherweise die Diagnose „Long Covid“ gestellt und bei Bedarf an andere Versorgungseinrichtungen weiter überwiesen.“ Eine solche Überweisung kann dann zum Beispiel zu Fachärzten oder Rehazentren führen.

Viele Überweisungen vermeiden 

Um viele Überweisungen zu vermeiden, könnte man sich hier etwas von Großbritannien abschauen:  Dort gibt es auch Long Covid Spezialambulanzen, die neben den Untersuchungen auch Therapien – wie etwa Reha – vor Ort anbieten. „Ziel dieser Zentren ist es, den vielen Überweisungen entgegenzuwirken, denn solche können Betroffene zusätzlich belasten“, sagt die Expertin.

Neben der Hilfe in Ambulanzen, sei es außerdem zentral, das Selbstmanagement der Patientinnen und Patienten zu fördern: „Selbstmanagement stellt ein wichtiger Aspekt der Empfehlungen zur Long Covid Versorgung dar. Dazu zählen etwa spezielle Gymnastik- oder Entspannungsübungen, die zu Hause durchgeführt werden können oder eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten.“ Ein unterstützendes Online-Programm könnte hierfür ein Ansatz sein. Bisher gibt es ein solches aber nur in Großbritannien: „Das Programm bietet beispielsweise eine Chatfunktion, womit andere Betroffene oder Gesundheitspersonal bei Fragen kontaktiert werden können“, erklärt Wolf.

Beruflicher Wiedereinstieg

Da viele Betroffene längere Zeit auch im Beruf ausfallen, braucht es zusätzlich auch Programme, die nach Genesung oder Besserung wieder beim Einstieg in den Arbeitsalltag helfen: „Da ein Großteil der Long-Covid-Patientinnen und Patienten im berufstätigen Alter ist, wird empfohlen, dass insbesondere bei der Rehabilitation ein Schwerpunkt auf den Wiedereinstieg in die Arbeit gelegt wird.“ Darüber hinaus haben Betroffene in Österreich Anspruch auf Unterstützungsleistungen, wie Wiedereingliederungsteilzeit oder Umschulungsprogramme, falls die vorherige Tätigkeit nicht mehr möglich ist. Das Fit2work-Programm unterstützt bei der Rückkehr in die Arbeit und bietet unterschiedliche Lösungsansätze.