Es gibt über 30 verschiedene sexuell übertragbare Bakterien, Viren und Parasiten, wobei die vier häufigsten Erkrankungen Chlamydien-Infektionen, Tripper (Gonorrhoe), Syphilis und eine Ansteckung durch Trichomonaden sind. Geschlechtskrankheiten zählen global zu den fünf häufigsten Erkrankungen, weswegen Erwachsene eine ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen. Wenn man bedenkt, dass sexuell übertragbare Erkrankungen (kurz STDs) mit Scham behaftet sind und viele Betroffene daher nicht zum Arzt gehen und zudem ein großer Anteil an STDs ohne Symptome verläuft, wird die Dimension noch größer. In Europa werden jährlich mehr als 500.000 sexuell übertragene Infektionen verzeichnet – Tendenz stark steigend. Zwischen 2012 und 2018 nahmen etwa die Fälle von Tripper um dramatische 93 Prozent, die von Syphilis um 58 Prozent zu.

Zunahme auch in Österreich

„Auch in Österreich wird ein deutlicher Anstieg an klassischen Geschlechtskrankheiten wie Syphilis und Tripper registriert“, informiert Georg Stingl, emeritierter Vorstand der Klinik für Dermatologie, Medizinische Universität Wien. So wurden im Jahr 2019 rund 1.600 Tripper- und 580 Syphilis-Fälle gemeldet – die Dunkelziffer nicht mit eingerechnet. Drei Jahre zuvor waren es noch 1.211 beziehungsweise 431 gemeldete Fälle.5 „Mindestens 1 von 10 Jugendlichen infiziert sich pro Jahr mit Chlamydien und 1-2 Menschen pro Tag mit HIV“, so Stingl. „Einige weitere wichtige Krankheiten werden zwar nicht ausschließlich, aber doch sehr häufig durch den Geschlechtsverkehr übertragen: Hepatitis B, Skabies (Krätze) – eine Krankheit, die in den letzten Jahren neue Aufmerksamkeit erregte – und Filzläuse.“

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Mit Beginn der Corona-Pandemie gab es zwar einen Rückgang an STDs – vermutlich aufgrund der verringerten Sozialkontakte und durch die reduzierten Arztbesuche. Die Daten aus dem heurigen Jahr lassen aber schon wieder einen Aufwärtstrend erkennen.

Problem steigende Antibiotika-Resistenzen

Viele Geschlechtskrankheiten verlaufen beschwerdelos und bleiben dadurch (lange) unbemerkt. „Unbehandelt können STDs allerdings zu Komplikationen und auch zu schwerwiegenden Folgen wie Unfruchtbarkeit oder bei HPV zu Krebs führen“, warnt Georg Stary, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Sexually Transmitted Diseases und dermatologische Mikrobiologie. Bakterielle Infektionen sind – früh erkannt – meist gut mit Antibiotika behandelbar. Der weltweite allerdings auf die zunehmende Antibiotika-Resistenz zurückzuführen. So galten Gonorrhoe-Infektionen (Tripper) über viele Jahre als relativ einfach zu behandeln. Sukzessiv sind jedoch Resistenzen gegen alle zur Behandlung eingesetzten Therapeutika entstanden. „Um einen Rückgang an sexuell übertragbaren Infektionen zu bewirken, sind Impfungen von großer Bedeutung“, betont Stary.

Die sicherste Vorbeugung ist die konsequente Verwendung von Kondomen. Aber auch wirksame Impfstoffe zum Schutz vor HPV und Hepatitis B (HBV) stehen zur Verfügung – Ergebnisse bahnbrechender Forschungen. Auch österreichische Wissenschaftler befinden sich an der Weltspitze der STD-Forschung und waren an Entwicklungen beteiligt, die einen Durchbruch in der Prophylaxe und Therapie von sexuell übertragbaren Erkrankungen bedeuten. So war an der Entwicklung des Impfstoffes, der gegen die wichtigsten HPV-Typen schützt, der Wiener Dermatologe Reinhard Kirnbauer maßgeblich involviert.

Forschung ist in Bewegung 

Trotz der immensen Erfolge in der Prävention und Behandlung von Geschlechtskrankheiten gibt es viele Krankheitserreger, gegen die – trotz modernster Techniken – noch keine schützende Impfung entwickelt werden konnte. Daher braucht es weiterhin immer wieder neue Konzepte, um der stillen Epidemie Herr zu werden.

Generell ist auf dem Gebiet der Impfstoff-Forschung zurzeit viel in Bewegung. So liefert die Auswertung von australischen Patientendaten einen ersten Hinweis, dass Impfstoffe gegen Meningokokken der Gruppe B auch vor Tripper schützen könnten Weiters wurde begonnen, mithilfe der neuen mRNA-Technologie einen HIV-Impfstoff zu entwickeln.