Die Daten aus Südafrika zu den SARS-CoV-2-Neuinfektionen weisen "im Moment auf eine Vervierfachung der Infektionsfälle pro Woche" hin, sagte Molekularbiologe Ulrich Elling am Montag im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. Wie viele andere Forscher blickt auch Elling gebannt nach Südafrika und inwiefern die Steigerung der Fallzahlen mit der kürzlich entdeckten Omikron-Variante zu tun haben. Offen ist zudem, wie sich die Krankheitsverläufe vor allem bei älteren Menschen entwickeln oder sich die Situation bei Impfdurchbrüchen darstellt.
In der Region Gauteng, wo die neue Variante schon großflächiger kursiert, könne man sogar von einer "Verhundertfachung" der Fälle im Verlauf des Novembers sprechen. Das liegt auch daran, dass sich noch vor wenigen Wochen in Südafrika das Infektionsgeschehen sehr stark in Grenzen gehalten hat. Dass der Anstieg mit der neuen, an sehr vielen Stellen veränderten Omikron-Variante zusammenhängt, sei naheliegend. Zum Vergleich: In Österreich brauchte es für eine derart starke Vervielfachung der detektierten Neuinfektionen von Juli bis November, so der Forscher vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
Auch südafrikanische Experten erwarten Anstieg
Auch der südafrikanische Virologe Salim Abdool Karim erwartet bis zum Ende der Woche einen Anstieg der landesweiten Corona-Infektionen um rund 10.000 neue Fälle. Dennoch bestehe kein Grund zur Panik, sagte er am Montag. Er erwartet auch für Dezember ein schnelles Ansteigen der Fallzahlen und mehr Druck auf die Krankenhäuser.
Das Auftauchen der neue Omikron-Coronavariante war nach seiner Ansicht kaum überraschend: "Wir hatten das erwartet - wir wussten nur nichts über das Wie und Wann", sagte er.
Die Frage nach der Schwere des Krankheitsverlaufs
Auch für Elling ist noch so manches unklar. Aktuell wisse man etwa noch nicht, wie rasch eine Infektion mit der neuen Variante vonstattengeht. Besonders interessant ist die Frage der Krankheitsverläufe. Hier wisse man noch kaum etwas. Es sei zudem davon auszugehen, dass in Südafrika vor allem viele junge Menschen mit Omikron infiziert sind. Das mache es wiederum schwierig einzuschätzen, wie der Verlauf bei älteren Personen sein kann.
Außerdem sind in der Region relativ wenige Menschen geimpft, was es schwierig mache herauszufinden, was Omikron für zweifach oder dreifach Geimpfte bedeuten kann. Elling: "Die Impfung wird aber sicherlich nicht nichts helfen. Das ergibt überhaupt keinen Sinn." Jetzt brauche es Daten aus dem Labor, in denen getestet wird, wie gut Antikörper die neue Variante neutralisieren können. Zudem brauche man epidemiologische Daten.
Dass es jetzt in Tirol schon einen nachgewiesenen Fall und noch etliche Verdachtsfälle gibt, mache nachdenklich. Man müsse sich vor Augen halten, dass sich dieser etwaige Cluster dann höchstwahrscheinlich schon unter Lockdownbedingungen gebildet hätte. Dass sich Omikron schon in den vergangenen Wochen hierzulande kleinräumiger etabliert haben könnte, schließt Elling aus. Mit dem System zur Sequenzierung des SARS-CoV-2-Erbguts in Österreich, das u.a. von Ellings Team und jenem von Andreas Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der ÖAW getragen wird, hätte man dies erkannt.