Die Tücke liegt in der Unauffälligkeit. Und in der Langsamkeit. Denn Gebärmutterhalskrebs verursacht in den Frühstadien kaum Beschwerden. Bis er sich bemerkbar macht, können Jahre vergehen. Wertvolle Jahre.
„In den frühen Stadien lässt sich Gebärmutterhalskrebs mit einer Operation gut behandeln“, erklärt Karl Tamussino, Gynäkologe und Vorstand der geburtshilflich-gynäkologischen Universitätsklinik Graz. Eingesetzt wird hier die Wertheim-Meigs-Operation. Eine Methode, die nach dem in Graz geborenen Gynäkologen Ernst Wertheim und dem US-Amerikaner Joe Vincent Meigs benannt wurde. In fortgeschrittenen Stadien braucht es eine Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie. „Insgesamt gilt es aber, schon die Frühstadien zu verhindern.“
140 Todesfälle jedes Jahr
Pro Jahr werden in Österreich zirka 500 neue Fälle diagnostiziert, etwa 140 Frauen sterben in Folge einer Zervixkarzinomerkrankung. „Es ist noch nicht lange her, da waren diese Zahlen viel höher“, schildert Tamussino. Eine Zeit nämlich, bevor es den Krebsabstrich bei der gynäkologischen Kontrolluntersuchung gab. „Durch den PAP-Abstrich kann eine frühe Veränderung des Gebärmutterhalses erkannt werden“, so Tamussino. Ist der Abstrich auffällig, wird dieser kontrolliert, es folgt eine Biopsie, wenn notwendig, wird dann eine Konisation durchgeführt. Bei diesem Eingriff wird ein kegelförmiger Teil im Bereich des unteren Gebärmutterhalses entfernt. In Österreich gibt es alljährlich 7000 solcher Eingriffe.
„Das ist kein großer Eingriff, aber es tut mir jedes Mal persönlich leid, wenn wir bei einer jungen Frau Mitte 20 eine Konisation durchführen müssen“, sagt Tamussino. Denn diese sei verhinderbar gewesen. Neben der Früherkennung gibt es im Fall des Zervixkarzinoms auch eine Prophylaxe in Form der HPV-Impfung. HPV steht für Humane Papillomaviren. Von diesen gibt es über 100 verschiedene Typen, sie sind für bis zu 99 Prozent dieser Tumore verantwortlich. HP-Viren können aber auch Krebs an Rachen, Kehlkopf, Scheide, Anus und Penis auslösen, ebenso wie Feigwarzen. Übertragen werden sie durch direkten Schleimhautkontakt, vor allem bei sexuellen Kontakten.
Männer und Frauen sind von HPV betroffen
Das bedeutet, Überträger sind Männer wie auch Frauen, auch von den Folgeerkrankungen einer HPV-Infektion sind beide Geschlechter betroffen. Umso wichtiger ist es, dass Männer wie Frauen sich gegen HPV impfen lassen. Und das schon in jungen Jahren. „Die beste Immunantwort sehen wir bei Kindern zwischen neun und zwölf Jahren“, erklärt Christopher Schludermann, Impfexperte von MSD Austria. In Österreich ist die HPV-Impfung für Kinder zwischen neun und zwölf kostenlos. Die Impfung senkt das Risiko für Genitalwarzen und Gebärmutterhalskrebs um bis zu 90 Prozent.
Idealerweise erhalten Mädchen und Buben diese Impfung vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Das sei auch ein Problem, sagt Schludermann. „Für Eltern kommt diese Impfung zu einem Zeitpunkt, wo sie nicht notwendigerweise noch an das Sexualleben ihrer Kinder denken. Auch weil eine mögliche Krebserkrankung, also die Bedrohung, Jahre entfernt ist. Wir müssen also klar kommunizieren, welch wichtige Rolle diese Impfung in der Vermeidung einer lebensbedrohlichen Erkrankung hat.“
Vorsorge: Der HPV-Test
Aktuell liegt die Durchimpfungsrate in Österreich bei etwa 30 Prozent. Eine HPV-Infektion macht so gut wieder jeder Mensch in Österreich einmal durch, Kontakt mit diesen Viren ist praktisch unvermeidbar. Die meisten Infektionen heilen zwar unbemerkt ab, jene die persistieren sind das Problem. Dass man HP-Viren erfolgreich zurückdrängen kann, zeigt Australien mit einer Ausweitung des Impfprogramms kombiniert mit HPV-Tests. „Diese sind sensibler als PAP-Abstriche“, erklärt Tamussino. „Wenn Sie eine Frau über 30 sind, informieren Sie sich bei Ihrem Frauenarzt über den HPV-Test.“ Das ist eine wirksame Methode, dem Gebärmutterhalskrebs die Tücke der Unauffälligkeit zu nehmen.