Kommt der dritte Stich? In immer mehr Ländern wird die dritte Impfung jetzt zum Thema. Die WHO hatte am Mittwoch darauf reagiert und appelliert, auf Drittimpfungen bis mindestens Ende September zu verzichten, weil die Lücke bei der Impfquote zwischen reichen und armen Ländern noch zu groß sei. Deutschland etwa will dennoch an der Drittimpfung für Risikogruppen festhalten: "Mit der Möglichkeit einer Auffrischimpfung im September soll sichergestellt werden, dass diejenigen ausreichend geschützt sind, die besonders gefährdet sind: immungeschwächte Patientinnen und Patienten, Höchstbetagte und Pflegeheimbewohner", erklärte das deutsche Gesundheitsministerium.

Auch Frankreich plant Auffrischungsimpfungen im Herbst. Und Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat hingegen bereits angekündigt, dass sich schon im August alle Bürger für eine Auffrischungsimpfung melden können, deren Zweitimpfung mindestens vier Monate zurückliegt.

Und in Österreich?

Die türkis-grüne Regierung geht davon aus, dass die Menschen in Österreich werdenab Herbst voraussichtlich eine Corona-Impfauffrischung brauchen und startet deswegen mit den diesbezüglichen Vorbereitungen. Begonnen wird schon wie beim ersten Mal in den Pflegeheimen und bei Risikogruppen, sobald die Experten das empfehlen und die Freigabe auf europäischer Ebene dafür gegeben werde, sagen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne).

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Kurz und Mückstein erwarten "bald neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Notwendigkeit einer dritten Impfung", wie sie in einer Mitteilung am Freitag sagten. Daher werden mit den Landes-Impfkoordinatoren bereits die Vorbereitungen getroffen.

"Oberste Priorität hat der Schutz der Älteren und der vulnerablen Gruppen. Wir erwarten uns daher eine rasche Information der EMA zur Notwendigkeit einer dritten Impfung gegen das Coronavirus. Wir sind jedenfalls vorbereitet und haben mit den Landes-Impfkoordinatoren vereinbart, dass wir sofort nach einer möglichen Empfehlung mit der dritten Impfung beginnen können. Ich werde auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bitten, dass dieses Thema auf europäischer Ebene prioritär behandelt wird", so Bundeskanzler Kurz.

Israel setzt bereits Stiche 

In Dänemark soll Menschen mit einer Kreuzimpfung zweier verschiedener Corona-Impfstoffe eine dritte Dosis angeboten werden. Israel ist sogar schon einen Schritt weiter: Als erstes Land weltweit ermöglicht es seit Sonntag allen Einwohnerinnen und Einwohnern ab 60 Jahren, sich ein drittes Mal impfen zu lassen, wenn ihre zweite Impfung mindestens fünf Monate zurückliegt. Denn trotz einer intensiven Impfkampagne steigen die Infektionszahlen in Israel wieder rapide an, und die Regierung will scharfe Beschränkungen um jeden Preis vermeiden.

Mitte Juli hatte Israel bereits begonnen, dritte Dosen an Patientinnen und Patienten zu verabreichen, deren Immunsystem geschwächt ist, etwa aufgrund von Organtransplantationen, Krebs oder Niereninsuffizienz. Auch die Med Uni Wien beschäftigte sich mit der Frage, ob Menschen, die Immunsuppressiva einnehmen, eventuell eine dritte Impfung benötigen. Das soll nun in einer weiterführenden Untersuchung erhoben werden.

Unterschiedliche Konzepte 

Doch die dritte Impfung ist kein einheitliches Konzept. "Wenn wir von Auffrischungsimpfung sprechen, müssen wir definieren, welche Art wir meinen“, sagt Markus Zeitlinger, Vorstand der Universitätsklinik für klinische Pharmakologie der MedUni Wien.

  • Da wäre zum einen die „echte“ Auffrischungsimpfung, wie wir sie etwa von der FSME-Impfung kennen. In diesem Fall ist eine weitere Dosis notwendig, da die Anzahl der Antikörpertiter nach einem gewissen Zeitraum abgenommen hat und der Schutz nicht mehr ausreichend ist.
  • Dann gibt es die Variante einer zusätzlichen oder weiteren Dosis, um den eigentlich bestehenden generellen Schutz noch einmal zu erhöhen, obwohl die Zeit bis zur klassischen Auffrischungsimpfung noch nicht abgelaufen ist (frühe Boosterimpfung).
  • Und schließlich gibt es noch die Möglichkeit einen adaptierten Impfstoff zu verabreichen, etwa als Schutz vor weiteren bzw. neuen Varianten eines Krankheitserregers.

Derzeit drehen sich die Diskussionen zum einen um Booster-Impfungen – um immunschwache Menschen noch besser zu schützen – und zum anderen um klassischer Auffrischungsimpfungen, die derzeitigen Schätzungen zufolge neun bis zwölf Monate nach der Impfung notwendig werden könnten. Impfforscher Leif Erik Sander meinte dazu: „Ich glaube, dass auffrischen notwendig sein wird, aber auch, dass derzeit die herkömmlichen Impfstoffe dafür ausreichen.“ Dass in Zukunft alle neun Monate geimpft werden muss, vermutet der Experte nicht: „Wir werden nicht jedes Jahr auffrischen müssen. Die Abstände werden weit größer sein.“  

Die Frage nach dem Wann

Während Biontech bereits nach sechs Monaten eine Auffrischung empfiehlt, gilt eine Auffrischung nach neun Monaten als sinnvoll. Es gibt aber auch Vorschläge zu noch größeren Intervallen. Ob wirklich für alle Personen eine Auffrischungsimpfung schon nach neun Monaten notwendig sein wird, sei aufgrund der aktuellen Studienlage noch nicht abschließend beurteilbar, heißt es in Brüssel. 

"Auf Basis der aktuellen Datenlage gehen wir davon aus, dass eine Auffrischungsimpfung frühestens nach neun Monaten notwendig sein wird. Das Nationale Impfgremium beobachtet hier laufend die Entwicklungen. Besonders wichtig ist es derzeit aber vor allem, dass so viele Menschen wie möglich ihren Impfschutz vervollständigen - nur so sind sie bestmöglich vor Delta geschützt. Parallel dazu sind wir jedenfalls für die dritte Impfung gerüstet", erklärte Mückstein. Die Bundesregierung will sich zusätzlich mit jenen Ländern austauschen, in denen die dritte Impfung bereits im Gange oder in Planung ist, wie beispielsweise Israel oder Deutschland.