Ende letzter Woche sorgte eine Veröffentlichung in der New York Times für Aufsehen. Dort wurde ein – nicht für die Öffentlichkeit vorgesehenes – Papier der US-Seuchenbehörde CDC zitiert. Demnach sei Delta-Variante des Coronavirus viel ansteckender als gedacht. In der Diskussion steht seitdem vor allem der sogenannte Ct-Wert. Dieser soll im Fall einer Delta-Infektion bei Geimpften und Ungeimpften gleichauf liegen. Das sorgte vielerorts für die Schlussfolgerungen, dass Geimpfte genauso infektiös seien, wie Menschen, die keine Impfung erhalten haben. Aber stimmt das auch?

Niedriger Wert bedeutet hohe Infektiosität 

Um diese Frage zu beantworten, gilt es, sich Begriff und Funktion des Ct-Wertes anzuschauen. Dieser Wert kommt vor allem bei PCR-Testungen zum Tragen. Bei solchen Tests können bestimmte RNA-Abschnitte des Virus nachgewiesen werden. Als Maß für die Menge der vorhandenen Virus-RNA dient der bei der PCR-Untersuchung ermittelte Ct-Wert. Dabei gilt: Je höher dieser Wert ist, desto niedriger ist die Virenkonzentration. Ist der Wert höher als 35, deutet das auf eine sehr niedrige Viruskonzentration hin.

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Diese Werte sollen nun angeblich bei Geimpften und Ungeimpften ähnlich niedrig sein. Allerdings gilt es zu beachten, dass mit dem Ct-Wert alleine keine Aussage über die tatsächliche Infektiosität einer Person getroffen werden kann. Zwar besteht ein Zusammenhang zwischen Ct-Wert und Infektiosität, allerdings wird bei einem PCR-Test nur die virale RNA des Virus im Ct-Wert angegeben und nicht das gesamte Virus ermittelt. Die festgestellten Ct-Werte können also nicht mit Ansteckungsfähigkeit gleichgesetzt werden.

Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler-Universitätsklinikum, ergänzt: „Die US-Seuchenbehörde CDC sagt auch selbst, dass es noch größere und umfangreichere Beobachtungen brauchen wird, um die Frage der Transmission (Anm. Übertragungswahrscheinlichkeit) und deren Reduktion bei Geimpften weiter zu klären.“

Eindeutige Studienergebnisse

Studien weisen derzeit in eine andere Richtung: „Mehrere Untersuchungen zeigen bisher eine doch entschieden geringere Viruskonzentration bei Geimpften und auch eine entsprechend geringere Transmission“, sagt der Experte. So auch eine Studie aus England, die vor Kurzem im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde. „Hier wurde eine Reduktion der Übertragungswahrscheinlichkeit innerhalb eines Haushaltes durch die Impfung von 40 bis 50 Prozent berechnet.“ Die Wahrscheinlichkeit, seine Mitmenschen anzustecken, sinkt bei einer Vollimmunisierung also deutlich.

Die Gefahr sich selbst anzustecken und das Virus eventuell an andere weiterzugeben sei zwar durch die Impfung gesenkt, aber durch die vorhandenen Vakzine nicht auszulöschen: „Die Impfung vermag keine sogenannte ‚sterile Immunität‘ zu vermitteln. Das heißt, dass auch eine geimpfte Person infiziert werden kann und in so einem Fall mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit zwar nur einen milden – eventuell sogar asymptomatischen – Verlauf haben wird. Unter Umständen kann die Person aber eine ausreichend hohe Viruskonzentration im Nasenrachenraum aufweisen, um eine andere Person anzustecken.“

Selbst- und Fremdschutz 

Für eine Impfung spreche aber nicht nur die Bemühung um Fremdschutz: „Die Impfung macht jedenfalls Sinn, denn sie schützt sehr verlässlich vor schwerer Erkrankung bzw. Hospitalisierung. Dies gilt für alle Altersgruppen – wenn auch das zu senkende Risiko für einen schweren Verlauf bei älteren Personen erheblich höher ist als bei Jungen.“

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