Wahrscheinlich kein bisheriges Fußball-Großereignis hat die Diskussion um Herz-Kreislauf-Erkrankungen so angeregt, wie die aktuelle Europameisterschaft. Denn als beim Eröffnungsspiel der dänische Starspieler Christian Eriksen plötzlich umkippte, hielten Fans weltweit vor den Bildschirmen den Atem an.
Aber nicht nur am Feld wird die Herzgesundheit der Fußballliebhaberinnen und -liebhaber getestet. Die emotionale Beteiligung beim Public Viewing oder vor dem Fernseher zu Hause kann tatsächlich zum Herzinfarkt oder ähnlichen kardiovaskulären Problemen führen. Das zeigte eine Erhebung, die vor Kurzem in „Scientific Reports“ veröffentlicht wurde: Deutsche Wissenschaftler haben die Daten über das Infarktrisiko während der Fußball-WM 2014 ausgewertet. Demnach stiegen in Deutschland die diesbezüglichen Spitalseinweisungen um 3,7 Prozent. Im Monat nach der WM waren es 5,4 Prozent weniger Einweisungen.
Aber kann es tatsächlich sein, dass das Mitfiebern mit der Lieblingsmannschaft einen Herzinfarkt auslöst? „Das kann sein, ja“, sagt Kardiologin Sabine Perl. „In gewisser Weise ist auch das eine Stresssituation. Dabei wird das ganze System angekurbelt.“ Das Nebennierenmark schüttet dann Adrenalin und Noradrenalin aus. Dabei handelt es sich um Stresshormone. Diese werden in solchen Situationen im Überschuss produziert und führen über eine Verengung der Gefäße zu einem Anstieg des Blutdrucks und das Herz beginnt schneller zu schlagen.
Dass alle, die beim Fußball emotionsgeladen sind, auch vom Sofa kippen, bedeutet das aber nicht: „In solchen Fällen ist es meist so, dass eine Vorschädigung oder Vorerkrankung vorliegt“, sagt die Expertin. Oft sei diese den Betroffenen sogar unbekannt: „Die Aufregung ist dann nur der Auslöser, der das Fass zum Überlaufen bringt.“ Passieren kann das in allen möglichen Situationen, die mit starken Emotionen und Aufregung verbunden sind. Vor allem, wenn bereits Gefäßverengungen vorliegen, kann das gefährlich werden.
Vorbeugend vermeiden sollte man daher weitere Stressfaktoren für den Körper, wie etwa große Hitze. Auch beim Public Viewing sollte ein schattiges Plätzchen der prallen Sonne vorgezogen werden. „Auch ausreichend Wasser zu trinken, wäre in so einem Fall wichtig“, so die Kardiologin.
Und was ist zu tun, wenn der Freund oder die Partnerin tatsächlich eine Herzattacke erleidet? „Als Erstes sollte man den Notruf wählen. Und natürlich die betroffene Person versorgen: ins Kühle bringen, hinsetzen und ruhig lagern (der Oberkörper sollte aufrecht sein) und für Frischluftzufuhr sorgen.“ Kommt es zu einem Herzstillstand: „Umgehend und ohne zu zögern, mit den Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen“.