1 Stimmt es, dass Menschen, die eine Transplantation hinter sich haben, schlechter auf die Corona-Impfung ansprechen?
ANTWORT: Tatsächlich ist es so, dass Personen, die eine Transplantation hinter sich gebracht haben, weniger gut auf die Impfung ansprechen. „Das liegt daran, dass durch die Transplantation und vor allem durch die immunsupprimierenden Medikamente, welche die Betroffenen einnehmen müssen, die Immunantwort geschwächt ist“, erklärt Robert Krause, Infektiologe der Med Uni Graz.
2 Warum schwächen immunsupprimierende Medikamente die Immunreaktion?
ANTWORT: Mit einem solchen Medikament wird das Abwehrsystem des Körpers absichtlich und gezielt unterdrückt. Nach Organtransplantationen kommen diese Medikamente zum Einsatz, weil das Immunsystem ansonsten das fremde Organ angreifen und schädigen würde. Immunsuppressiva werden auch bei anderen Erkrankungen eingesetzt. So etwa bei Autoimmunerkrankungen. Liegt eine solche vor, interpretiert der Körper einige seiner eigenen Eiweiße als fremd sowie gefährlich und greift diese an. Immunsupprimierende Medikamente drosseln diese Reaktion.
3 Wirkt die Impfung auch bei Autoimmunerkranken weniger?
ANTWORT: Eine Autoimmunerkrankung an sich hat keinen Einfluss auf die Schutzwirkung der Covid-Vakzine. Es sind die Immunsuppressiva, die die Immunreaktion drosseln und dadurch die Wirkung der Impfung herabsetzen. Diese kommen auch bei einigen Blut- und Lymphknotenerkrankungen zum Einsatz: „Es gibt eine Vielzahl von entzündlichen Erkrankungen, bei denen immunmodulierende Substanzen eingesetzt werden. Und solche können eben die Immunantwort hemmen“, so Krause.
4 Macht es überhaupt Sinn sich impfen zu lassen, wenn man immunsupprimierende Medikamente einnimmt?ANTWORT: „Unbedingt“, sagt der Experte: „Denn die Impfung ist gut verträglich und man erreicht immerhin einen gewissen Schutz.“ Wie hoch dieser bei einzelnen Personen ist, kann derzeit noch nicht gesagt werden. In den Studien zeigen sich derzeit unterschiedliche Prozentsätze von Antikörperantworten.
5 Ist das eine Besonderheit, die man bei der Corona-Impfung entdeckt hat, oder kennt man das schon von anderen Schutzimpfungen?
ANTWORT: Das immunsupprimierende Medikamente die Schutzwirkung von Impfstoffen herabsetzt, ist nicht neu. Auch bei anderen Impfungen ist das der Fall. „Bei abgeschwächten Lebendimpfungen ist es sogar so, dass diese gar nicht an Patientinnen und Patienten mit bestimmten Immunsuppressiva verimpft werden dürfen, weil das Immunsystem diese nicht ausreichend bekämpfen kann“, so Krause. Während abgeschwächte Lebendimpfungen von Immungesunden gut vertragen werden, können sie bei Menschen, die immunsupprimierende Medikamente einnehmen, gesundheitliche Probleme zur Folge haben. „Daher sollte man Betroffene impfen, bevor mit einer immunsuppressiven Therapie begonnen wird.“
6 Sollte man nach der Impfung seine Antikörper erheben lassen?ANTWORT: Man kann, wenn eine Patientin oder ein Patient geimpft ist, hinterher die Antikörper messen, um nachzusehen, ob der Betroffene neutralisierende Antikörper ausgebildet hat oder nicht. „Nur ist derzeit diese Messung konsequenzlos, weil es noch keine Strategie gibt, was man tun könnte, wenn nicht genügend Antikörper vorliegen“, sagt der Infektiologe. „Eine verlockende Idee wäre natürlich, dass man eine dritte Impfung verabreicht.“ Man wisse allerdings noch nicht, ob diese Personengruppe eine dritte Impfung mehr Erfolg bringt, oder ob diese eventuell gar nicht darauf ansprechen. Und es ist auch noch unklar, ob bei diesen Personen vielleicht nicht sogar die zelluläre Immunität ausreichend vor einer SARS-CoV-2-Infektion schützt.
7 Kann man anhand der Impfreaktion erkennen, wie gut die Impfung wirkt?
ANTWORT: Etwaige Reaktionen nach der Impfung lassen keinen Rückschluss zu auf eine besonders gute, oder schlechte Immunantwort ziehen. Hat man keine Reaktion nach der Impfung, heißt das nicht, dass man keine Antikörper ausgebildet hat. „Wenn man nach der Impfung nichts gespürt hat kann man froh sein und das heißt nicht, dass man keinen Schutz hat. Umgekehrt, wenn man die Impfung nicht gut vertragen hat und zum Beispiel Fieber hatte, heißt das auch nicht, dass man besonders gut geschützt ist“, so der Infektiologe.
8 Haben Menschen, die Transplantationen hinter sich haben, oder eine Autoimmunerkrankung aufweisen ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf?
ANTWORT: Ja, wenn Menschen dieser Gruppen sich mit SARS-CoV-2 infizieren, erkranken diese häufig schwerer und haben auch mehr Schaden zu erwarten als Immungesunde. „Daher gibt es aus meiner Sicht auch gar keine andere Möglichkeit, als dass man impft – das gilt sowohl für die Betroffenen wie auch für die Personen im Umfeld der Immungeschwächten“, so Krause.
9 Wie können sich solche Menschen gut schützen?
ANTWORT: Nimmt man immunsupprimierende Medikamente ein, empfiehlt es sich, weiterhin gut auf die Schutz- und Hygienemaßnahmen zu achten, um eine Infektion zu verhindern: Also Maske tragen, Händehygiene beibehalten und Menschenansammlungen – wenn möglich – vermeiden. „Derzeit ist die epidemiologische Situation in Österreich ja gut. Aber das könnte doch im Herbst wieder anders werden. Darum sind diese allgemeinen Hygienemaßnahmen wichtig“, so der Experte.
10 Was kann man tun, um solche Menschen zu schützen, wenn man sie in seinem näheren Umfeld hat?
ANTWORT: „Am meisten kann man als immungesunder Mensch tun, indem man sich impfen lässt“, sagt Krause. Das minimiere das Risiko, dass Menschen, die sich selbst nicht gut schützen können, anstecken. „Gesunde Menschen schützen durch die Impfung nicht nur sich selbst, sondern auch andere Menschen in ihrem Umfeld.“