Jeder kennt es: Das befreiende Gefühl, wenn die Kopfschmerzen plötzlich wie weggeblasen sind, der Körper wieder auf Normaltemperatur ist und ein Infekt damit endlich überstanden scheint. Was aber, wenn Symptome nicht mehr verschwinden wollen oder zurückkommen? Seit Anfang des Jahres steht das vielschichtige Phänomen Long Covid immer wieder in der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Vermehrte Aufmerksamkeit 

Dieser Tage ist die Diskussion erneut entfacht. Einerseits, weil die Länder eine Abdeckung der Covid-Reha-Kosten durch die Krankenkassen forderten. Andererseits weil der Abgeordnete Michel Reimon (Grüne) bekannt gab, selbst an Long Covid zu leiden. In den Sozialen Medien verkündet der Politiker in einem langen Statement: „Ich schreibe das so ausführlich, weil es ein politisches Problem ist. Wenn wir auf mehr als 100.000 Long-Covid-Fälle zusteuern, ist die Pandemie noch nicht besiegt, wenn die Infektionszahlen gering sind.“

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Im Blickpunkt stehen dabei meist erwachsene Betroffene. Aber können auch Kinder an Long Covid leiden? Diese Frage greift auch Volker Strenger in Zusammenarbeit mit der AGES auf. Gemeinsam wird derzeit eine Erhebung durchgeführt, mit dem Ziel herauszufinden, wie Kinder und Jugendliche von Covid-19 betroffen sind.

Unterschiedliche Krankheitsbilder

„Long Covid kommt bei Kindern vor, wenn auch nicht häufig“, sagt Kinderinfektiologe Volker Strenger. Trifft man Aussagen über dieses Krankheitsbild, sei dem Experten zufolge aber unbedingt darauf zu achten, wie breit gestreut die Definition von Long Covid ist: „Diese besagt im Prinzip nur, dass von diesem Krankheitsbild zu sprechen ist, wenn nach mehr als vier Wochen nach einer Infektion noch Symptome bestehen.“ Diese Symptome könnten unterschiedlicher nicht sein – so auch bei Kindern. Sie reichen von Geschmacksverlust bis hin zum Fatigue-Syndrom.


Eine vorläufige Zwischenauswertung der Erhebung zeigt, dass rund 14 Prozent der Kinder bis 14 Jahre ein Monat nach der Infektion noch Symptome angeben. Drei Monate nach der Erkrankung sind es acht Prozent. „Hier muss man bedenken, dass eben nicht alle davon das Fatigue-Syndrom haben. Manche leiden auch einfach unter Husten oder haben eine Störung im Geschmackssinn“, so der Kinderinfektiologe.

Je nach Alter verschieden 

Die Symptome unterscheiden sich auch nach Altersgruppen. Während Volksschulkinder häufig über Halsschmerzen klagen, sind diese bei älteren Kinder eher selten zu beobachten. Ganz kleine Kinder scheinen von Long Covid eher weniger betroffen: „Hier muss man aber bedenken, dass diese Kinder ihre Beschwerden aber auch weniger leicht artikulieren können.“ Müdigkeitserscheinungen bis hin zum Fatigue-Syndrom sind eher seltener und betreffen meist größere Kinder – die jüngsten, die Strenger mit diesem Syndrom kennt, waren zehn Jahre alt.

Eine einheitliche Behandlung gibt es wie bei Erwachsenen auch bei Kindern noch nicht. Das liegt auch daran, dass die Fälle von Long Covid so unterschiedlich sind, dass die Betroffenen verschiedene Dinge benötigen. „Daher ist eine Behandlung bei Kindern, wie bei Erwachsenen, derzeit eine symptomatische“, sagt Strenger. Leide jemand zum Beispiel unter starken Kopfschmerzen, müsse man auf Schmerzmittel zurückgreifen. Bei Geschmacksstörung kann ein Riechtraining Erfolg bringen. Liegt tatsächlich ein Fatigue-Syndrom vor, ist es wichtig, die eigenen Grenzen kennenzulernen und diese nicht zu überschreiten.

PIMS: ein ganz anderes Phänomen 

Auch wenn Long Covid viele Aspekte mit einschließt, darf das Phänomen nicht mit PIMSverwechselt werden. Dabei handelt es sich um eine überschießende Immunreaktion, die bei Kindern einige Wochen nach einer eher milden Covid-Infektion auftreten kann: „PIMS ist ein ganz klar definiertes Krankheitsbild und dauert nicht lange. Die Kinder entwickeln innerhalb weniger Tage schwere Krankheitssymptome. Meiner Meinung nach wäre es falsch, PIMS zu Long Covid dazuzuzählen“, so der Experte.


Zu beachten gelte es außerdem, dass derzeit auch Kinder und Jugendliche, die keine Erkrankung hinter sich haben, an Müdigkeit und Konzentrationsstörungen leiden: „Oft sind das eher Zeichen eines Pandemieblues. Die letzten Monate waren für Kinder wie Eltern sehr belastend“, so Strenger. Mit Lockerung der Maßnahmen und Entspannung der Lage bleibt zu hoffen, dass sich bei vielen jungen Menschen auch gesundheitlich Besserung einstellen.