1. Warum wird ständig über Aerosole gesprochen?
Mittlerweile gibt es genügend Nachweise dafür, dass Aerosole, ein Gemisch aus einem Gas - typischerweise Luft - und kleinsten Teilchen, die in dem Gas schweben, den wichtigsten Übertragungsweg für das Coronavirus darstellen. Zwar kann man sich auch auf andere Arten anstecken, jedoch bleibt die Inhalation der effektivste Mechanismus für das Virus. „In Innenräumen können sich Aerosolpartikel anreichern. Daher ist alles, was in Innenräumen stattfindet, problematisch und braucht eine Kombination von Maßnahmen“, sagt Aerosolforscherin Bernadett Weinzierl von der Uni Wien.

2. Was sind eigentlich Aerosole?
Lungenspezialist und Leiter der Klinischen Abteilung für Pulmonologie am LKH-Uniklinikum Graz, Horst Olschewski, erklärt: „Jeder Mensch atmet Aerosolpartikel aus. Das ist ganz normal. Solche gelangen nicht nur durch Husten, Niesen oder Singen in die Luft, sondern auch durch Sprechen und ruhiges Atmen.“ Es handelt sich dabei um ganz kleine Teilchen, die im Normalfall ungefährlich sind. „Aerosolpartikel haben verschiedenen Quellen. Beispiele für Aerosolpartikel sind Mineralstaub, Seesalz, Ruß oder auch Pollen“, so die Aerosolforscherin. Da diese Teilchen so leicht sind, sind sie schwebefähig und bleiben stundenlang in der Luft: Das ist der Grund, warum man die ausgeatmeten Viren eines infizierten Menschen selbst dann einatmen kann, wenn dieser den Raum schon wieder verlassen hat – man also nicht gleichzeitig im Raum ist. Je mehr Personen in einem Raum sind und je länger sich die Personen im Raum aufhalten, desto höher steigt die Teilchenkonzentration und damit das Risiko, sich anzustecken.

3. Was macht Aerosole gefährlich?
Ist eine Person am Coronavirus erkrankt, enthalten die ausgeatmeten Aerosole auch Viren. „Die meiste Forschung auf diesem Gebiet gibt es zu Grippe- und Schnupfenviren. Mittlerweile kann man aber als gesichert annehmen, dass auch die Übertragung von SARS-CoV-2 so vonstattengeht“, sagt Olschewski. „Wie viele Aerosole jemand ausatmet, entscheidet darüber, wie infektiös die Person ist. Außerdem gilt: Je lauter man singt, spricht usw., desto mehr Aerosolpartikel werden abgegeben“, sagt Weinzierl.

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4. Wie kann man Aerosole aus dem Klassenzimmer bekommen?
„Wir können das Risiko einer Ansteckung nicht auf 0,0 Prozent senken. Wenn wir das erreichen wollten, dürfte niemand mehr jemanden treffen“, so der Lungenspezialist. Vor allem im Hinblick auf Schulbildung und auch Kindergartenzeit lässt sich das Zusammentreffen mehrerer Menschen auf Dauer nicht vermeiden. Ein erster sinnvoller Schritt sind Schutzmasken. „Diese verkleinern zwar das Risiko, können Aerosolpartikel aber nicht vollständig aufhalten“, so der Experte.

5. Sind Luftfilteranlagen eine gute Option?
„Alles, was in Innenräumen dazu führt, dass die ausgeatmete Luft verdünnt wird, hilft, das Risiko einer Ansteckung zu senken. Luftreiniger - wenn sie für die Raumgröße ausreichend dimensioniert sind – helfen die Aerosolbelastung niedrig zu halten“, sagt die Aerosolforscherin. Auch in Österreich werden Luftfilteranlagen für Schulklassen immer wieder gefordert. Entscheidend sei hierbei die Luftwechselrate. Laut einer WHO-Empfehlung sei das Ziel, die Luft im Raum innerhalb einer Stunde 12 Mal auszutauschen, denn dann bestehe kaum noch ein Ansteckungsrisiko. Mit ständig geöffneten Fenstern und Durchzug könne man diesen Wert erreichen. Durchschnittliche Luftfiltergeräte kommen hingegen oft nur auf eine Luftwechselrate von vier bis sechs. Das Öffnen der Fenster ist aber nicht immer eine praktikable Lösung: Lärm vor dem Fenster und Kälte, die von draußen hineindringt, können den Unterricht ungemütlich bis unmöglich machen. Auch Stoßlüften kann hier nur begrenzt aushelfen: „Damit Stoßlüften effizient ist, müssen bei einem vollen Klassenraum die Fenster meist alle halbe Stunde für fünf Minuten geöffnet werden“, so Olschewski. Das bringe wieder ähnliche Probleme für den Unterricht mit sich.

6. Können Luftfilteranlagen diese Probleme lösen?
Laut dem Experten seien Luftfilteranlagen gute Alternativen: „Diese befreien die Luft von Aerosolpartikeln und blasen die gereinigte Luft zurück ins Klassenzimmer.“ Zu beachten sei, dass das Gerät zum Volumen des Klassenraums passt, um eine gute Luftwechselrate erzeugen zu können und gleichzeitig eine übermäßige Geräuschbelastung zu vermeiden. „Auf null bekommt man die Aerosolbelastung damit aber nicht hinunter.“

7. Wie funktioniert eine solche Anlage?
Die Luft wird durch die Anlage gezogen. Im Gerät ist ein Filter, der Aerosolpartikel herausfiltert. Die gereinigte Luft wird anschließend zurück in den Raum geblasen. „Die optimale Lösung, die manche Gebäude haben, ist eine Permanentlüftung mit Wärmerückgewinnung. Alle Räume werden dabei kontinuierlich mit gefilterter Frischluft durchspült. Diese sind in jeden Raum eingebaut und Düsen bringen ständig Frischluft hinein. So werden die Werte immer niedrig gehalten“, so der Lungenspezialist. Vorteil sei auch, dass dadurch kaum Wärme verloren geht.

8. Worauf muss man bei der Anschaffung einer Luftfilteranlage achten?
Laut der Expertin sollte man nicht auf UV-Luftreinigungsanlagen setzen, da hier Ozon entstehen kann: „Am besten ist eine Anlage, die einfach einen Filter beinhaltet und eine hohe Luftwechselrate ermöglicht.“ Angaben für welche Räume die Filteranlagen geeignet sind, finden sich meist auf der Verpackung. Zusätzlich empfiehlt Weinzierl eine CO2-Ampel im Klassenzimmer anzubringen: „Diese misst zwar keine Virenlast, gibt aber Hinweise darauf, wann gelüftet werden muss und wie schnell die Luft in einem Raum beim Lüften ausgetauscht ist. Jeder Mensch atmet CO2 aus. Wird ein Wert von 800 bis 1000 ppm (parts per million) überschritten, ist das ein Zeichen, dass sehr viel ausgeatmete Luft im Raum ist und man dringend wieder lüften sollte.“ Der Richtwert, der beim Lüften erreicht werden sollte, liegt bei unter 500 ppm. Wichtig sei es, die Ampel nicht am Fenster, sondern eher in den am schlechtesten belüfteten Ecken zu platzieren.

9. Können Luftfilteranlagen Masken und Lüften ersetzen?
Da keine Methode – egal ob Maske, Lüften oder Filteranlagen – einen hundertprozentigen Schutz garantieren können, raten Experten verschiedene Maßnahmen zu kombinieren. Werden in einer Schule also Filteranlagen angebracht, sind diese eine wertvolle und hilfreiche Ergänzung, aber keine alleinstehende Lösung und ersetzen keinesfalls das Tragen von Masken.