Mit zunehmender Dauer der Corona-Pandemie werden auch die Forderungen lauter, vor allem an Schulen neben Lüften auch auf technische Luftreinigung zu setzen. Infrage kommen dafür (fix verbaute) raumlufttechnische (RLT-)Anlagen oder mobile Luftreinigungsgeräte. Während Erstere mehr oder weniger unumstritten sind, ist zumindest das Ausmaß des Nutzens Letzterer nicht ganz klar.
Kein hundertprozentiger Schutz
Eines vorweg: Niesen sich Kinder an oder fallen Tröpfchen durch lautes Sprechen direkt auf andere, nützt auch die beste Luftreinigung oder Lüften wenig. Diese klassische Übertragungsart muss also anderweitig – etwa durch Masken – bekämpft werden.
Bleibt also die Übertragung durch Aerosole: Diese können durch verschiedene Luftreinigungssysteme bekämpft werden, beispielsweise durch RLT-Anlagen, die etwa nicht nur Luft filtern, sondern auch eine Lüftungsfunktion haben und die Temperatur steuern können. Daneben gibt es noch mobile Luftreiniger verschiedenster Kategorien und mit unterschiedlichen Technologien.
Vor allem Letztere werden immer wieder für die Verwendung in Schulen gefordert. So zeigte etwa eine allerdings nicht von Wissenschaftern, sondern von einem betroffenen Vater verfasste Studie in Montreal, dass jene Schulen, die auf Luftreinigungssysteme (sowohl mobile als auch fix verbaute) setzten, deutlich weniger Corona-Infektionen zu verzeichnen hatten. In Schulen ohne Luftreinigung registrierte er auf seiner Website drei bis vier Mal so viele Infektionen registriert.
Technische Studien zu mobilen Luftreinigern zeigen auch eine Reinigungswirkung – allerdings sind diese Studien oft von produzierenden Unternehmen finanziert. Zum Teil sind sie auch nicht unbedingt realitätsnah: So wird etwa zwar regelmäßig bescheinigt, dass die Reiniger Partikel innerhalb einer gewissen Zeit stark reduzieren können. Problem: In einer Klasse mit einem eventuell infektiösen Kind werden diese immer wieder neu gebildet, etwa weil das Kind hustet. Außerdem bewegen sich Kinder regelmäßig. Bedacht werden muss auch, dass je nach Größe der Klasse eine ausreichende Zahl an Geräten aufgestellt werden muss (eines reicht nicht, in einer experimentellen Studie wurden vier pro Klasse eingesetzt) und die richtigen Filterklassen Verwendung finden müssen.
Bitte lüften!
Das deutsche Umweltbundesamt (auf das sich auch das heimische Umweltministerium in einem Positionspapier beruft) ist bei mobilen Luftreinigern skeptischer und empfiehlt sie vor allem als Unterstützung zum Lüften. Sie könnten nämlich nicht das in Klassenräumen anfallende CO2 und den Wasserdampf entfernen. Außerdem hänge ihre beim Filtern von Partikeln abseits von Versuchen "in realen Räumen neben den technischen Spezifikationen auch von den Aufstellbedingungen vor Ort und von der Luftausbreitung im Raum ab".
In einer Empfehlung priorisiert das Amt die unterschiedlichen Lüftungsmöglichkeiten: Zunächst sollte an Schulen mit RLT-Anlagen die Frischluftzufuhr erhöht werden. Das betrifft allerdings nur wenige und vor allem neuere Schulen, in denen diese bereits installiert sind. RLT-Anlagen sind teuer und müssen je nach System mit teils hohem Aufwand eingebaut werden.
In den anderen Schulen sollte primär auf Lüften gesetzt werden. Wo sich Fenster nicht genügend öffnen lassen, könnten einfache ventilatorgestützte Zu- und Abluftsysteme helfen. Sollten alle diese Maßnahmen nicht anwendbar sein, "ist ein Raum aus innenraumhygienischer Sicht nicht für den Unterricht geeignet". Im Ausnahmefall könne dann der Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte erwogen werden.
Auch in Österreich in Diskussion
Langfristig präferiert das Umweltbundesamt die Aus- beziehungsweise Nachrüstung aller dicht belegten Veranstaltungsräume in Schulen und Bildungseinrichtungen mit RLT-Anlagen. Diese würden neben Erregern in der Luft auch Probleme wie CO2, Wasserdampf und Gerüche beseitigen.
Im Bildungsministerium verfolgt man die diversen Untersuchungen zum Thema Luftreinigungsgeräte laufend, hieß es auf APA-Anfrage. Derzeit stelle sich die Studienlage heterogen dar. So weise etwa eine Studie der Technischen Hochschule Mittelhessen darauf hin, dass "Stoßlüften um ein Vielfaches wirksamer" sei als Luftfiltergeräte. Bei der Sicherheit an Schulen setzt man mit dem Start des Vollbetriebs Mitte Mai auf drei wöchentliche Tests bei allen Schülern sowie auf zuverlässigere Testvarianten an weiterführenden Schulen.