1 Wie häufig kommt Asthma vor?
Für die meisten Menschen ist freies Atmen so selbstverständlich, dass sie es nicht einmal bemerken. Aber Asthma betrifft sehr viele Männer und Frauen. In Österreich leiden rund 500.000 Menschen an unterschiedlichen Ausprägungen der Krankheit. Das sind genug Personen, um zehnmal die Sitzplätze des Ernst-Happel-Stadions füllen zu können. Ungefähr fünf Prozent der Erwachsenen und sogar zehn Prozent der Kinder sind betroffen.
2 Wie beeinflusst die Pandemie Asthmatiker?
„Wir dürfen trotz der Pandemie nicht auf andere Lungenkrankheiten wie Asthma vergessen“, sagt Lungenarzt Wolfgang Pohl in einem Pressegespräch. Viele Asthmatiker sehen sich gerade jetzt in der Pandemie mit Ängsten konfrontiert. Einigen Betroffenen fällt das Atmen unter der Maske schwer. Außerdem stand vor allem zu Beginn der Pandemie die Sorge im Raum, dass das Virus bei dieser Gruppe von Vorerkrankten besonders heimtückisch sein könnte.
3 Ist die Gefahr, schwer an Corona zu erkranken, höher, wenn man Asthma hat?
Laut Pohl besteht kein erhöhtes Risiko für Asthmatiker, an Corona zu erkranken – wenn die allgemeinen Schutzmaßnahmen eingehalten werden. Bisher hat sich auch nicht gezeigt, dass Asthmatiker eher einen schweren Verlauf zu befürchten haben: „Selbst bei Patienten mit schwerem Asthma gilt: Wenn sie medikamentös gut eingestellt sind, haben diese ein geringes Risiko auf einen schweren Verlauf“, so Pohl.
4 Was hat es mit dem Wirkstoff Budesonid im Hinblick auf Corona auf sich?
Budesonid ist ein inhalatives Steroid. Es wird seit über 30 Jahren bei Asthma- und COPD-Patienten eingesetzt. Durch den Wirkstoff kontrolliert man Entzündungen in den Atemwegen. Aufgrund der langjährigen Erfahrung ist Budesonid gut wirksam und sicher. Außerdem ist das Präparat vergleichsweise kostengünstig. Da schnell anhand von Daten aus China und den USA auffiel, dass Asthmatiker – anders als ursprünglich erwartet – selten schwere Verläufe hatten, lag die Überlegung nahe, dass solche Wirkstoffe eine Rolle spielen könnten. Eine erste kleine Studie ließ Hoffnung aufkeimen.
5 Können Asthma-Sprays wirklich Corona heilen?
Sosehr die Studie über die mögliche heilsame Wirkung der Asthmasprays Wellen geschlagen hat, so sehr steht sie nun unter Kritik: „Die Meldung, dass diese Sprays schützen können, beruht auf einer sehr schwachen Studie“, so Pohl. Auch Virologin Sandra Ciesek zeigte sich im aktuellen NDR-Podcast „Corona Virus Update“ wenig euphorisch: „Ich bin nicht gerade ein großer Fan dieser Studie.“ Grund dafür seien unter anderem fehlende Kontrollmechanismen und wenige Studienteilnehmer.
Außerdem waren diese im Schnitt 44 bis 46 Jahre alt – eine Gruppe, die ohnehin nicht allzu häufig von schweren Verläufen betroffen ist. Für einen „Game-Changer“ – wie Karl Lauterbach das Präparat bezeichnet hatte – hält die Expertin das Medikament im Hinblick auf die Therapie bei Covid-19 also nicht. „Eine zweite groß angelegte und Placebo-kontrollierte Studie ist erforderlich.“ Pohl wies außerdem darauf hin, dass die Studienergebnisse und die mediale Aufmerksamkeit mancherorts dazu führten, dass das Präparat in den Apotheken von vielen gesunden Menschen gekauft wurde: „Da kann es passieren, dass plötzlich nicht mehr genug für Asthmatiker vorhanden ist. Und für diese kann es lebensnotwendig sein.“
6 Wie wird Asthma ausgelöst?
Zum einen spiele die Genetik eine gewisse Rolle. „Die Hygienehypothese hat außerdem gezeigt, dass Kinder, die am Bauernhof aufwachsen, oft einen gewissen Schutz gegen Asthma entwickeln“, so der Experte. Bei kindlichem Asthma seien sehr oft Allergien der Auslöser. Aber es gibt auch andere Verlaufsformen: „Solche beginnen meist zwischen 30 und 50 Jahren. Dabei spielen Entzündungsmechanismen eine Rolle.“ Diese Formen führen oft zu schwerem Asthma.
7 Was ist zu tun, wenn man den Verdacht hat, an Asthma erkrankt zu sein?
„Asthma ist nicht gleich Asthma. Die Erkrankung hat viele verschiedene Gesichter“, sagt Pohl. Daher sei es wichtig, die richtige Diagnose zu bekommen. Zwar sei Asthma nicht heilbar, jedoch gebe es hervorragende Therapieoptionen, die eine optimale Kontrolle der Krankheit garantieren können. Das gelte für milde wie für schwere Verläufe. Problem sei oft, dass es lange dauere, bis der Patient die richtige Diagnose und Behandlung bekomme. Wichtig sei jedoch, dass der Betroffene, sobald die ersten Symptome bemerkt werden, einen Spezialisten aufsucht. „Man findet sich längere Zeit mit der Krankheit ab, auch weil die Erwartungshaltung von vielen Menschen, Linderung zu erfahren, gering ist, aber mit einer optimalen Abklärung ist viel Luft nach oben“, sagt Pohl.
8 Welche Untersuchungen sollten gemacht werden?
Laut dem Lungenarzt seien die Untersuchungen unspektakulär und schnell durchführbar. Dazu zählen das Überprüfen der Lungenfunktion, ein Bluttest sowie Untersuchungen zur Abklärung von Allergien. Auch Ko-Erkrankungen wie Nasenpolypen, Reflux, Schilddrüsen-Dysfunktion und Schlafapnoe müssen erhoben werden, um den Schweregrad der Asthmaerkrankung festschreiben zu können. So wird auch eine personalisierte Therapie möglich. Die Basis der Behandlung stellt das inhalative Cortison dar.
9 Wie kann man schweres Asthma behandeln?
Bei schwerem Asthma kann eine Antikörpertherapie Lebensqualität zurückbringen. „Diese setzt direkt in der Lunge an. Studien haben gezeigt, dass die Wirkung rasch eintritt und die Lungenfunktion schnell und für den Patienten spürbar besser wird“, sagt Pohl. Durch die Antikörpertherapie falle außerdem das Schlucken von Cortison weg, das mit vielen Nebenwirkungen verbunden ist. „Diese Nebenwirkungen hat man bei einer Antikörpertherapie nicht.“
10 Ist die Antikörpertherapie für jeden Asthmatiker eine Option?
Ob die Antikörpertherapie infrage kommt, hängt laut dem Spezialisten von der Verlaufsform ab. „T2-Asthma können wir so gut betreuen. Für Non-T2-Asthma fehlen noch Therapieformen“, so der Experte. Ist eine solche Methode eine Option, muss genau analysiert werden, bei welchem Antikörper man die Therapie ansetzen muss.