Eine neue Studie der University of Michigan zeigt, dass Menschen, die gegen die Grippe geimpft wurden, seltener am Coronavirus erkranken. Ein Team um die Ärztin Anna Conlon wertete die Daten von rund 27.000 Personen aus, die bis zum 15. Juli auf Covid-19 getestet wurden. Von diesen Menschen hatten 13.000 die Influenzaimpfung erhalten. Die meisten davon wurde schon im September und Oktober 2019 gegen die Grippe geimpft. Von den geimpften Personen infizierten sich 4 Prozent mit Sars-CoV-2. Hingegen waren es bei der ungeimpften Gruppe 4,9 Prozent.

Noch auffälliger ist, dass jene Menschen, die ein Jahr zuvor gegen die Grippe geimpft wurden, der Studie zufolge bei einer Covid-19-Infektion seltener im Krankenhaus behandelt werden mussten. War doch ein Spitalaufenthalt notwendig, so mussten die Grippe-Geimpften seltener beatmet werden und konnten auch schneller wieder aus der Klinik entlassen werden. All diese Effekte verzeichneten sich, obwohl ein großer Teil der Geimpften zur Risikogruppe zählte. Keinen statistisch relevanten Unterschied gab es im Hinblick auf die Sterblichkeit. Auch eine Studie aus Holland – bisher nur im Preprint veröffentlicht – kommt auf ähnliche Daten.

Doch wie kann man sich diese Effekte der Grippeimpfung erklären? Unser Immunsystem hat unterschiedliche Abwehrzellen: Man unterscheidet hierbei das erworbene und das angeborene Immunsystem. Vor allem letzteres könne für die Effekte der Grippeimpfung eine Rolle spielen, erklärt Infektiologe Robert Krause: „Unser angeborenes Immunsystem haben wir von Geburt an. Auch dieses kann durch Impfungen und Infektionen trainiert werden. Ein Erklärungsansatz ist also, dass die Grippeimpfung das Abwehrsystem trainiert und bessere Abwehrleistung ausbildet.“ Dadurch könne das Immunsystem mit der Zeit auch geschickter auf andere Infekte, wie beispielsweise auf eine Covid-19-Infektion, reagieren.  

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Keinen Zusammenhang gibt es hingegen zwischen den durch die Grippeimpfung vorhandenen Antikörpern und der Abwehr von Coronaviren: „Diese Antikörper gegen Grippeviren wirken auf die Coronaviren gar nicht“, sagt der Experte.

Eine weitere mögliche Erklärung für die Ergebnisse aus der Studie liegt in einer Hypothese zur Lebensweise der geimpften Personen: „Diese besagt, dass Menschen, die sich auch vorsorglich gegen die Grippe impfen lassen, oft auch jene sind, die sich insgesamt gesundheitsbewusster verhalten.“ Diese Menschen hätten dadurch bessere Grundvoraussetzungen, wenn sie mit dem Virus in Berührung kommen.

Das Team der University of Michigan empfiehlt aufgrund der gesammelten Erkenntnisse, den Grippeimpfstoff als Schutz vor schweren Covid-19-Verläufen einzusetzen, bis die spezifischen Corona-Impfungen flächendeckend verfügbar sind. Außerdem wird angeregt, in der Forschung weiter nach einem möglichen Zusammenhang zu suchen.

„Im Hinblick auf die Strategien zur Bekämpfung der Corona-Pandemie finde ich die Grippeimpfung eher bedeutungslos, denn wir haben zahlreiche tolle Impfstoffe, die auf das SARS-CoV-2-Virus zugeschnitten sind“, sagt Krause. Insgesamt befindet der Infektiologe die Grippeimpfung aber für sehr wichtig: „Auch in den Jahren vor der Pandemie war auf den Intensivstationen viel los. Oft aufgrund der Grippe. Von schweren Verläufen waren hier auch immer wieder junge Menschen betroffen.“ Daher sei die Influenzaimpfung zentral, um schwere Grippeverläufe zu verhindern.

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