Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen, heißt es. Prognosen in Bezug auf die Coronavirus-Pandemie sind nicht nur schwierig. Sie sind aufgrund von Variablen wie Impfstoffknappheit, Mutationen sowie  ständig wechselnder Maßnahmen fast unmöglich. Aussagen wie „Jeder wird jemanden kennen, der an Corona verstorben ist“ blieben in Erinnerung. Zwischenzeitlich sahen wir das „Licht am Ende des Tunnels“. Schließlich waren die „nächsten Wochen entscheidend“.

Diese sind auch aktuell wesentlich.Die dritte Welle ist unbestritten, wie mächtig sich der Wellenkamm schlussendlich in die Höhe erheben wird, ist noch ungewiss. Und hängt von den Maßnahmen ab, die ergriffen werden, sowie vom Fortschritt der Impfkampagne.

Wie wird unser Leben sich gestalten: zu Pfingsten, im Sommer und im Herbst? Oder anders formuliert: Wie lange dauert diese Pandemie noch?

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Ist zu Pfingsten alles wieder normal?

Nach Ostern ist Pfingsten das nächste Sehnsuchtsdatum der öffentlichen Diskussion. Was muss passieren, um die Lage soweit zu entspannen, dass an Lockerungen bzw. Öffnungsschritte zu denken ist? Statistiker Erich Neuwirth hält es für realistisch, dass am Ostersonntag 5000 Neuinfektionen verzeichnet werden. Eine Entspannung der Infektionslage nach Pfingsten hält Komplexitätsforscher Peter Klimek (Complexity Science Hub Vienna) für machbar: „Aber nur, wenn so schnell wie möglich konsequente Maßnahmen gesetzt werden, auch regional.“ Am Beispiel Vorarlberg, verstärkt durch die Abschottung Tirols, habe man gesehen, dass „Abriegelungen einzelner Regionen bzw. Orte etwas bringen“.

Mit Freunden essen gehen, große Familienfeiern begehen, diese Träume werden sich um Pfingsten herum nicht erfüllen. „Das oberste Ziel, das wir aktuell haben, ist das Gesundheitssystem zu entlasten“, so Klimek. Die britische Variante B.1.1.7 belastet die Intensivstationen über Gebühr, denn die Variante ist ansteckender, sie sorgt auch häufiger und schneller für schwere Verläufe. Die Folge: Eine Situation wie im letzten Herbst bei niedrigeren Fallzahlen. „Das Zeitfenster, eine Triagesituation zu verhindern, schließt sich langsam, aber sicher.“

Machbar sei, so Klimek, bis Pfingsten die Kontrolle über die Krankheit zurückzuerlangen. Aber nur dann, wenn die Impfkampagne funktioniert wie geplant und die Teststrategie, vor allem in den Schulen, greift. Wenn die Zahl der Neuinfektionen sowie jener der Intensivpatienten zurückgehen, gäbe es einen Spielraum für Öffnungen.

Im Hinblick auf Pfingsten ist das wahrscheinlichste Szenario also: Lockerungen wo möglich, Verschärfungen wo notwendig. Ein normaler Alltag, wie ihn sich so viele erwarten, ist bis Mitte Mai aufgrund der aktuellen Zahlen aber unrealistisch.

Ein Sommer wie 2020?

„Ein Sommer wie damals“, oder eher ein Sommer wie im letzten Jahr, sei möglich, aber schwierig, so Klimek. „Je höher wir jetzt die Infektionszahlen nach oben gehen lassen, desto länger brauchen wir, diese wieder zu senken.“ Die Vorzeichen sind nicht die besten, denn im letzten Jahr haben die niedrigen Fallzahlen den Sommer gerettet. Dieser Polster fehlt aber 2021. Aus diesem Grund sollte auch die sogenannte Saisonalität, also der automatische Rückgang der Infektionszahlen bei wärmeren Temperaturen, nicht überschätzt werden. „Auch im letzten Jahr sind einige Länder mit hohen Infektionszahlen in den Sommer gegangen, diese wurden dann trotz Hitze nicht gesenkt“, sagt Klimek etwa zum Beispiel Spanien.

Die Perspektive müsse sein, bis in den Sommer in einen Niedriginzidenzbereich zu kommen. So sollte die Inzidenz bei unter 100 liegen, im besten Fall gar unter 30. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht man aber den Effekt der Impfungen. „Ab einer Durchimpfungsrate von 40 bis 50 Prozent, erweitert um die Zahl der Genesenen, ist zu sehen, dass man mit moderater Kontaktreduktion das Virus im Griff behalten kann.“ Als Beispiel für diese Aussage nennt Klimek etwa Großbritannien oder Israel, die mit ihren Impfkampagnen schon weiter fortgeschritten sind.  

Wobei moderate Kontaktreduktion nicht bedeutet, dass alle Bereiche des öffentlichen Lebens wieder öffnen oder komplette Normalität einkehrt. Es wird in diesem Sommer immer noch Einschränkungen geben – umso weniger, je niedriger die Fallzahlen sind.

Was ist mit dem Sommerurlaub?

Ein Urlaub außerhalb Österreichs wird wohl auch mit der Impfung in Zusammenhang stehen, der grüne Pass mit Erleichterungen für Geimpfte bzw. Genesene wird seit Wochen diskutiert. Die emotionale Diskussion zu diesem Thema kann Klimek nicht nachvollziehen: „Impfungen, wenn man in Gebiete reist, in denen Infektionskrankheiten vorkommen, kennen wir auch vom Thailand-Urlaub.“

„Das optimistischste Szenario ist, dass wir im Sommer wieder so etwas wie Normalität erlangen“, sagt Klimek. „Aber nur, wenn wir es schaffen das Virus unter Kontrolle zu bringen und mit dem Impfen vorankommen.“

Haben wir es im Herbst hinter uns?

Mit Ende des Sommers wird diese Pandemie nicht enden. Denn Virusvarianten bzw. Mutationen, sind Variablen, die kaum kalkulierbar sind. Es gilt, diese rasch zu erkennen und einzudämmen. Passiert dies nicht, können sich Varianten entwickeln, die das menschliche Immunsystem zur Gänze umgehen, „müssten wir andere, dystopischere Szenarien zeichnen“. 

Auch Virologe Florian Krammer, der in New York forscht und lebt, ist der Meinung, dass uns das Sars-Cov-2 auf die eine oder andere Art noch länger beschäftigen wird. Aus Erfahrungen des letzten und aktuellen Jahrhunderts wisse man, dass eine Pandemie mit einem respiratorischen Virus etwa eineinhalb bis zwei Jahre dauert. Allein, das Ausmaß, mit welchem diese unser Leben bestimmt, wird sich ändern bzw. verringern. „Wir werden unser Leben nicht von einem Tag auf den anderen zurückbekommen, aber wir werden eines Tages feststellen, dass sich alles fast wie früher anfühlt“, sagt Klimek.

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