In Covid-19-Zeiten mit viel Freizeitgestaltung in der Natur und wenig Auslandstourismus ist in Österreich die FSME-Impfung wichtiger denn je. Vergangenes Jahr gab es ein Rekordhoch. Dies erklärten am Mittwoch Experten bei einer Online-Pressekonferenz.
Die Zahlen, wie Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer, erklärte: "Die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis ist die häufigste durch Viren hervorgerufene Enzephalitis in Europa. 2020 war die Zahl der Fälle in Österreich auf einem Allzeit-Rekordhoch mit 215 Fällen." 2019 waren es 108 gemeldete Erkrankungen (Hospitalisierungen) gewesen, 2018 wurden 154 FSME-Fälle registriert. Klimatische Bedingungen und im Jahr 2020 sicher auch das durch Covid-19 veränderte Freizeitverhalten samt vermehrtem Urlaub in Österreich dürften die Ursachen gewesen sein.
Hotspot für die "Zeckenkrankheit", zu deren Verhütung es seit rund 30 Jahren jedes Jahr eine Impfaktion gibt, war 2020 Tirol mit 51 Fällen. Dann folgte schon Oberösterreich (50). "Es gab drei Personen, bei denen die Krankheit tödlich ausgegangen ist", sagte Schmitzberger.
Im Falle einer Infektion mit dem FSME-Erreger nach einem Zeckenstich stellen sich relativ häufig schwere Krankheitssymptome ein. Bettina Pfausler, Neurologin an der Universitätsklinik Innsbruck: "30 Prozent der Infizierten haben keine Symptome. Bei etwa zwei Drittel kommt es zu einer Erkrankung, davon bei der Hälfte zu neurologischen Symptomen. Davon wiederum erkrankt die Hälfte an einer Meningitis (Gehirnhautentzündung; Anm.) mit unter anderem Kopfschmerzen, hohem Fieber und Übelkeit. Bei 40 Prozent verläuft die Erkrankung dramatisch mit einer Enzephalitis (Gehirnentzündung; Anm.)." Besonders schwer ist eine Beteiligung des Rückenmarks und des Stammhirns, was bei den Symptomen an die Kinderlähmung erinnert. Ein erheblicher Anteil der Betroffenen trägt bleibende Schäden davon.
Bei 105 Patienten (49 Prozent) wurde in Österreich vergangenes Jahr eine schwere Erkrankung festgestellt, bei dem das Zentralnervensystem (ZNS) stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. 20 Patienten wiesen eine besonders schwere Verlaufsform (eine akute Entzündung des Gehirns oder der Nerven des Rückenmarks) auf. 90 Prozent von ihnen waren über 50 Jahre alt.
Der einzige Schutz ist und bleibt die Impfung. Der Wiener Reise- und Tropenmediziner Herwig Kollaritsch: "Das Thema eines 'Herdenschutzes' ist bei der FSME nicht erreichbar. Nur wer geimpft ist, hat einen Schutz." Die Wirksamkeit der FSME-Impfung ist enorm hoch. Der Experte: "Wir wissen, dass bei einer ordnungsgemäßen Durchimpfung die Häufigkeit von 'Impfdurchbrüchen' (Erkrankung trotz Immunisierung; Anm.) bei weniger als einem Prozent liegt."
Die Immunisierung ist demnach gerade in Covid-19-Zeiten dringend anzuraten. "Die beiden Impfungen gegen FSME und gegen Covid-19 kommen sich nicht 'in die Haare'", sagte Kollaritsch, der im Alter von zwölf Jahren ehemals selbst an einer FSME erkrankte. "Ich war vier Wochen im Spital, hatte wochenlang Lähmungen an den Beinen und jahrzehntelang Migräneanfälle", sagte der Experte. Empfohlen wird bei den beiden Impfungen ein Abstand von 14 Tagen, aber nicht wegen möglicher Wechselwirkungen, sondern nur, um im Zweifelsfall Impfreaktionen auf eine der beiden Vakzine unterscheiden zu können.
Die Grundimmunisierung besteht aus drei Teilimpfungen (zwei davon im ersten Jahr im Abstand von ein bis drei Monaten, die dritte etwa ein Jahr nach der zweiten Teilimpfung). Für Personen über 60 Jahre gilt dann ein kürzeres Auffrischungsintervall von drei Jahren, darunter beträgt es fünf Jahre. Dann reicht jeweils eine weitere Vakzine-Dosis. Das gilt auch für Personen, die bei der Auffrischung über dem empfohlenen Intervall liegen.