Vier Stück starke Schmerzmittel, an drei bis vier Tagen hintereinander, Monat für Monat. Immer wenn Michaela Ober ihre Periode bekam, kamen auch die Schmerzen. Viele Leserinnen und Leser werden sich an dieser Stelle denken: Regel und Schmerzen, das gehört doch zusammen. Doch das ist nicht richtig. Bei Michaela Ober waren die Schmerzen ein Symptom ihrer Erkrankung: Endometriose.
Bei Endometriose handelt es sich um eine gutartige Erkrankung, Gebärmutterschleimhaut wuchert an Orten im Bauchraum, an denen sie eigentlich so gar nichts zu suchen hat: an Eileitern, Eierstöcken, Blase oder Darm. Symptome sind vor allem Schmerzen: während der Regel, beim Geschlechtsverkehr oder beim Toilettengang. Doch bis Michaela Ober ihre Diagnose und wirkliche Hilfe bekam, vergingen Jahre. „Meine erste Menstruation hatte ich mit elf Jahren, mit 13 haben die Schmerzen begonnen, die immer stärker wurden“, erzählt sie im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Zu Beginn konnte sie diese noch mit einem Wärmekissen lindern, doch bald waren Schmerzmittel monatlich im Einsatz. Erst im Alter von 29 Jahren wurde die Diagnose Endometriose gestellt.
„Dass die Beschwerden, insbesondere die Schmerzen, unbehandelt über Jahre zunehmen, ist bei Endometriose bekannt“, sagt Monika Wölfler, Gynäkologin am LKH Graz. Auch dass bis zur Diagnose meist viel Zeit vergeht, ist eher die Regel denn die Ausnahme. Oft werden die Patientinnen nicht ernst genommen. „Auch mein erster Frauenarzt hat zu mir gesagt, die Schmerzen sind ganz normal, das müsse ich aushalten.“
Keine einfache Diagnose
Wölfler widerspricht dezidiert: „Sobald man wegen Beschwerden während der Menstruation zu Schmerzmitteln greifen muss, sollte man das medizinisch abklären lassen.“ Denn, es sei eben nicht normal, jeden Monat Schmerzmittel zu benötigen, einen Kreislaufkollaps zu erleiden oder aufgrund von Menstruationsbeschwerden im Job auszufallen. „Das darf durch die Regelblutung nicht passieren. Hier besteht Handlungsbedarf.“
Diagnostiziert wird Endometriose über eine Ultraschall- und Tastuntersuchung durch Spezialisten, auch eine Bauchspiegelung kann notwendig sein. Doch auch wenn der Verdacht besteht, ganz einfach gestaltet sich die endgültige Abklärung nicht, da es unterschiedliche Erscheinungsformen dieser chronischen Krankheit gibt und Schmerzen nicht die einzigen Symptome sind. Wuchert die Gebärmutterschleimhaut, können sich Knoten oder Zysten bilden, aber auch sehr kleine Veränderungen von der Größe eines Stecknadelkopfes können schon starke Beschwerden verursachen, deren Lokalisation im Ultraschall schwierig ist.
Mit Operation Herde löschen
Auch bei Michaela Ober war es eine Zyste im Eierstock, die im Endeffekt die Diagnose herbeigeführt hat. „Zuerst wollte mein Arzt abwarten, beobachten, ob die Zyste wieder weggeht. Aber nach drei Monaten habe ich eine Operation eingefordert, da ich am Ende war.“
Behandeln lässt sich Endometriose auf unterschiedliche Arten. Wie bei Michaela Ober kann eine Operation Linderung bringen. Hier werden die Herde der wuchernden Gebärmutterschleimhaut entfernt. Aber auch eine medikamentöse Behandlung wird häufig angewendet, und zwar in Form einer Hormontherapie. So kann etwa die Anti-Baby-Pille eingesetzt werden, um die Regelblutung auszuschalten und damit die Schmerzen zu lindern.
Häufig wird Endometriose diagnostiziert, wenn ein Kinderwunsch besteht – eben weil es nicht klappt. So war es auch bei Michaela Ober. Nach zahlreichen Versuchen, auf natürlichem Wege und danach mithilfe künstlicher Befruchtung schwanger zu werden, klappte es im letzten Jahr. Felix wurde im Dezember geboren.
Endometriose und Kinderwunsch
Endometriose könne die Fruchtbarkeit beeinflussen, so Wölfler. Etwa durch Vernarbung der Eileiter und Eierstöcke. Möchte ein Paar ein Kind bekommen, muss die Hormontherapie, sprich die Pille, abgesetzt werden. „Dann kehren die Beschwerden oft zurück. Wenn man zu genau diesem Zeitpunkt mit einer Operation die Endometriose-Herde entfernt, kann die Voraussetzung für das Entstehen einer natürlichen Schwangerschaft verbessert werden.“
Grundsätzlich ist Endometriose die häufigste gutartige Erkrankung bei Frauen in Österreich, etwa zehn Prozent der Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter leiden weltweit darunter. Doch Michaela Ober möchte anderen Frauen mit ihrer Geschichte Mut machen: keine Schuldgefühle entwickeln, wenn es mit dem Kinderwunsch nicht gleich klappt, sondern sich professionelle Hilfe suchen! „Aber der wichtigste Punkt ist, an sich selbst und an seinen eigenen Körper zu glauben“, sagt Ober, „und sich von niemandem einreden zu lassen, dass man diese Schmerzen aushalten muss. Das muss niemand.“