Kämpft der menschliche Körper gegen SARS-CoV-2, setzt er neben Antikörpern auch T-Killerzellen ein, die befallene Zellen töten und die Ausbreitung der Erreger stoppen. Virusmutationen können aber die Erkennung durch T-Killerzellen erschweren, berichten Wiener Forscher. Bei neuen Impfstoffen sollte man den T-Killerzellen daher ein breites Spektrum an Erkennungsstellen (Epitopen) zeigen, damit sie effektiv gegen Mutanten schützen, erklären sie im Fachblatt "Science Immunology".
Wieso Antikörper nicht die einzige Antwort sein können
"Bis heute war und ist es eine sehr erfolgreiche Strategie bei der Entwicklung der allermeisten Impfstoffe, sich auf die Antikörper-Reaktion zu konzentrieren", sagte Andreas Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), der die Studie gemeinsam mit Forschern der Medizinischen Universität Wien durchgeführt hat. "Antikörper binden an die Oberfläche des Virus und verhindern, dass es an Zellen andockt." Für diese Strategie sei es freilich rational und naheliegend, die Oberflächenstrukturen der Viren zu verwenden. Das ist auch bei den meisten SARS-CoV-2-Impfstoffen der Fall, sie machen das Immunsystem gegen das Spike-Protein des Virus scharf, also jenen Eiweißstoff, mit dem es sich an die Körperzellen anheftet.
Wie T-Killerzellen arbeiten
"Gleichzeitig wissen wir aber, dass auch T-Killerzellen eine wichtige Rolle bei der Immunantwort gegen Viren spielen", erklärte er: "Das ist nicht nur bei SARS-CoV-2 so." Ihr Ziel ist es, fremde Eiweißstoffe zu erkennen. Dazu inspizieren sie routinemäßig Körperzellen, und sehen sich an, welche Eiweißstoffe diese ihnen präsentieren. Erkennen diese dann einen viralen Fremdstoff, eliminieren sie die befallenen Zellen, damit sich die Viren nicht weiter im Körper ausbreiten. Diese Fremdstoffe müssen sich nicht an der Oberfläche der Viren befinden, sondern die Körperzellen können jegliche der viralen Eiweißbestandteile verwenden und dann an der Außenseite herzeigen, um einen Eindringling zu verraten.
Wichtig für die nächste Generation der Covid-Impfstoffe
Bei einer natürlichen Infektion stehen den Zellen daher 26 Eiweißstoffe von SARS-CoV-2 mit einer Unzahl von Epitopen zur Verfügung, und nicht nur das äußerliche Spike-Protein mit durchschnittlich sechs Erkennungsstellen, so die Forscher in einer Aussendung des CeMM in Wien. Die meisten Impfstoffe verwenden aber nur das für die Antikörper-Antwort entscheidende Spike-Protein. "Mutiert das Virus in den dortigen Epitopen, steigt das Risiko, dass die infizierten Zellen nicht von den T-Killerzellen erkannt werden", meinen sie. Vor allem bei der Weiterentwicklung der Impfstoffe müsse es daher ein wichtiges Ziel sein, neben einer starken Antikörperantwort auch einen möglichst breiten Schutz durch T-Killerzellen auszulösen.
Aktuell gebe es zwar wenige Hinweise, dass sich Mutationen in Epitopen für die T-Killerzellen verstärkt verbreiten, die Forscher haben aber gezeigt, dass sie tatsächlich dazu beitragen können, die Erkennung durch diese Immunzellen zu erschweren. Sie sequenzierten das Erbgut von 750 Coronaviren aus infizierten Personen und analysierten mit Computermodellen und Laborversuchen das Potenzial einzelner Mutationen, die Antwort von für T-Killerzellen auf Epitope zu verändern.
Breite Immunantwort
Wenn die Immunantwort sehr zugespitzt auf eine kleine Anzahl von Epitopen gerichtet ist, zum Beispiel bei Impfungen gegen das Spike-Protein, könnte dies Auswirkungen auf die Effektivität der Immunantwort haben, meint der Forscher. Man bräuchte aber keine Angst zu haben, dass sich SARS-CoV-2 dadurch quasi unsichtbar für das menschliche Immunsystem machen kann. Dazu stehen den Killerzellen zu viele Erkennungsstellen zur Verfügung. "Das Wissen hilft aber bei der Entwicklung von effektiveren Impfstoffen mit dem Potenzial, möglichst viele T-Killerzellen über eine Vielzahl von Epitopen zu aktivieren", schrieben die Forscher.