Sehr häufig klingt es einfach zu gut: Heidelbeeren schützen nicht nur vor Demenz, nein, sie schützen auch unser Äußeres vor dem Altern, beugen Falten vor. Quasi ein Jungbrunnen für die inneren und die äußeren Werte.
Was so gut klingt, verleitet auch. Je besser die Geschichte, umso weniger ist eine fundierte Faktenbasis für uns als Konsumenten erheblich.
Es war genau dieser Umstand, der Fritz Treiber angetrieben hat. Immer wieder stieß der Molekularbiologe auf Ernährungsmythen – sei es bei seiner Arbeit an der Karl-Franzens-Universität Graz oder als Ernährungsexperte des ORF in der Sendung „Studio 2“. „Von den Studierenden sind immer wieder Fragen gekommen, das war eigentlich der Beginn“, erzählt Treiber.
Die Idee für ein Buch, das Fragen rund um Ernährung faktisch und wissenschaftlich beantwortet, wurde weiter gewälzt. Dann kam der Corona-Sommer, und an dessen Ende war das Buch „Faktencheck Ernährungsdschungel“ in der Rohfassung fertig, am Freitag wurde es veröffentlicht. Treiber unterzieht unterschiedliche Lebensmittel einem Faktencheck. Er erklärt, wie Stoffe im Körper wirken und die Verdauung beeinflussen, reichert dies mit Erkenntnissen verschiedener Studien an.
Salz: Zwischen Lifestyle und Esoterik
Aufgeladen mit Vorurteilen und heilbringenden Eigenschaften gleichermaßen ist seiner Ansicht nach das Salz. „Die Zuschreibungen reichen von Lifestyle-Produkt bis zu esoterischer Essenz. Dabei bleibt es einfach immer nur Salz.“
Ein Star unter den Lifestyle-Produkten: Fleur de Sel. Das flockig-knusprige Meersalz, das Salaten & Co. Noblesse verleiht. Es wird als hauchdünne Schicht per Hand von der Wasseroberfläche geschöpft. „Aus ernährungsphysiologischer Sicht hat es keinen Mehrwert für den Körper“, sagt Treiber. Zusätzlich zum gesalzenen Preis können aber auch Schimmelpilze und Mikroplastik mitgeliefert werden. „Würden Erwachsene Meersalz in der empfohlenen Nährstoffmenge zum Würzen konsumieren, könnten sie möglicherweise jedes Jahr 1000 Mikroplastikpartikel aus dieser Quelle aufnehmen“, zitiert Treiber eine Studie aus dem Jahr 2015.
Heimischer Ersatz für Superfoods
Eine ähnliche Marketingmaschinerie läuft an, wenn es ein neues Superfood zu bewerben gilt, wie etwa Chia-Samen oder Goji-Beeren. „Für fast jedes dieser Superfoods gibt es regionale Pendants mit annähernd gleichen Nährstoffprofilen“, sagt Treiber. „Chia-Samen lassen sich einwandfrei durch Leinsamen ersetzen, es klingt nur nicht so sexy.“
Wie kann man hinter die schön klingenden Geschichten blicken? „Der wichtigste Tipp meinerseits: Selbst zum Kochlöffel greifen“, sagt Treiber. So habe man die Kontrolle darüber, welche Zutaten in den Gerichten stecken. Gerade bei Fertiggerichten sei es schwierig zu erkunden, was genau verarbeitet wurde. „Je stärker verarbeitet das Essen ist, desto nachteiliger für die Nährstoffe.“
Klimaschutz beim Einkaufen nicht vergessen
Den Klimaschutz sollte man beim Einkaufen nicht vergessen, regionale Produkte und möglichst wenig Plastik schonen die Umwelt. Die Essenz sei aber: „Essen soll schmecken und Freude machen. Denn sonst bringt das alles nichts.“