Am 25. Februar 2020 wurden die ersten beiden Coronavirus-Infektionen in Österreich registriert - zu diesem Jahrestag blicken wir auf ein Jahr im Bann der Pandemie zurück und fragen Experten: Was haben wir im letzten Jahr gelernt?

„Gegen Viruserkrankungen haben wir generell sehr wenige Medikamente“, sagt Robert Krause, Infektionsspezialist an der Med Uni Graz – zu Beginn der Corona-Pandemie hatten Ärzte daher kein einziges sogenanntes Virustatikum (ein Medikament, das die Vermehrung des Virus im Körper hemmt) zur Hand.

Weltweit begannen Versuche, schon vorhandene Medikamente gegen SARS-CoV-2 einzusetzen – bis heute übrig geblieben ist nur Remdesivir, das ursprünglich für den Einsatz gegen Ebola entwickelt wurde. „Alle anderen Medikamente, die direkt das Virus hemmen sollten, wie das Malariamittel Hydroxychloroquin, haben keine Wirkung gezeigt“, sagt Krause.

Robert Krause, Infektionsspezialist an der Med Uni Graz
Robert Krause, Infektionsspezialist an der Med Uni Graz © LKH-Univ. Klinikum Graz/Werner S

Kortison gegen die Entzündung

Der nächste Ansatzpunkt war: Die überschießende Entzündung, die als Folge der Virusinfektion im Körper entsteht, zu hemmen. Hier hat sich ein „uraltes Medikament“, wie Krause sagt, als wirkungsvoll erwiesen: das Kortison-Präparat Dexamethason. Andere Medikamente, die das körpereigene Immunsystem hemmen und daher bei Autoimmunerkrankungen wie Rheuma oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt werden, brachten für Covid-Patienten keinen Vorteil, sagt Krause.

Eine Ausnahme: Das Arthritis-Medikament Tocilizumab hat in der weltgrößten Studie von Covid-19-Medikamenten (Recovery-Trial) positive Resultate gezeigt: Der anti-entzündliche Wirkstoff hat das Sterberisiko gesenkt sowie den Spitalsaufenthalt verkürzt. In anderen Studien zu Tocilizumab war dieser Effekt allerdings nicht vorhanden.

Was Ärzte außerdem gelernt haben: Die Covid-19-Erkrankung kann zu Blutgerinnseln führen, daher bekomme nun jeder Patient im Krankenhaus blutverdünnende Medikamente. Auch bei der Beatmung gab es einen Paradigmenwechsel: Dachte man zunächst, schwer kranke Covid-19-Patienten müssten frühzeitig intubiert werden, um die Verbreitung der Viren auf der Intensivstation zu verhindern, hat sich gezeigt, dass die Intubation den Patienten auch Nachteile bringen kann: Das Risiko für Superinfektionen steigt und die Lunge kann geschädigt werden. „Daher versuchen wir Patienten nun solange wie möglich mit Sauerstoff über eine Maske zu versorgen“, sagt Krause.

Fragezeichen zu Blutplasma

Ein großer Hoffnungsträger war die Therapie mit Rekonvaleszentenplasma: Das Blutplasma von Covid-Genesenen enthält Antikörper gegen das Coronavirus. Doch nach ersten Heilerfolgen brachten Studien sehr unterschiedliche Ergebnisse: In einigen zeigte sich kein Erfolg der Therapie, eine andere Studie zeigte, dass die Plasmatherapie, wenn frühzeitig an Risikopersonen verabreicht, vor einem schweren Verlauf von Covid-19 schützen kann.

Das Repertoire der Therapien sieht damit heute so aus: Remdesivir als Virushemmer, das Kortisonpräparat Dexamethason gegen die überschießende Entzündung, Blutverdünner, Beatmung solange wie möglich ohne Intubation, Blutplasma bei speziellen Patientengruppen sowie Antibiotika und Anti-Pilztherapie gegen Superinfektionen. „Was wir uns dringend wünschen: Eine effektive virushemmende Therapie, die frühzeitig eingenommen werden kann“, sagt Krause.