Am 25. Februar 2020 wurden die ersten beiden Coronavirus-Infektionen in Österreich registriert - zu diesem Jahrestag blicken wir auf ein Jahr im Bann der Pandemie zurück und fragen Experten: Was haben wir im letzten Jahr gelernt?
„Es ist ein großes Versäumnis der österreichischen Politik, dass keine der Pandemie-Maßnahmen wissenschaftlich untersucht wurde. Wir fischen im Trüben und wissen nach einem Jahr nicht: Welchen Anteil hatten Schulschließungen oder der Lockdown in der Gastronomie an der Eindämmung der Pandemie.“ Das sagt Epidemiologe Gerald Gartlehner (Donau-Uni Krems), denn: Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung müssen immer lokal beurteilt werden – was in Südkorea oder Australien wirkt, muss in Österreich noch lange nicht wirken. „Hätten wir diese Daten erhoben, könnten wir die Maßnahmen nun viel gezielter einsetzen – und wir würden wissen: Haben Maßnahmen wie Massentests, die sehr viel Geld gekostet haben, überhaupt etwas gebracht?“ Dieses Vorgehen sei dem „Steuerzahler gegenüber unverantwortlich“, sagt Gartlehner.
Aufspüren und isolieren
In der Pandemiebekämpfung bestätigte sich aber: Die "alten" epidemiologischen Strategien wie das schnelle Aufspüren von Infizierten, die Isolation und Quarantäne "funktioniert immer noch", sagt Gartlehner. Auch Schnelltests lassen sich gut einsetzen, auch wenn sie nicht so treffsicher sind. Was die Pandemie schließlich beenden wird: "Mit der Impfung wird sich vieles auflösen, auch wenn uns das Coronavirus erhalten bleibt", sagt Gartlehner. Gegen neue Virus-Varianten wird es Auffrischungsimpfungen brauchen, so werde sich über die Jahre eine Immunität in der Bevölkerung entwickeln. "Mittelfristig werden uns die Tests erhalten bleiben, die nur Geimpfte oder bereits durch eine Infektion Immune nicht mehr brauchen werden", sagt Gartlehner.
"Hoffe auf Lerneffekt"
Auf die Frage, was ihn im letzten Jahr am meisten überrascht habe, antwortet der Experte: "Vor einem Jahr hätte auch ich gesagt: Den Westen wird dieses Virus nicht mit solcher Wucht treffen. Ich hatte angenommen: So wie bei SARS bleibt es ein lokales Problem. Die Wucht, mit der das Virus die ganze Welt traf, hat mich überrascht - und auch die westliche Arroganz, mit der wir dem Virus zunächst gegenüber standen."
Gartlehners Hoffnung: "Dass es einen Lerneffekt aus der Pandemie gibt, dass die Politik Reformen einleitet und wir das nächste Mal besser vorbereitet sind."