Es ist ein sonniger Tag Mitte April 2020: Maarte Preller liegt alleine auf einem kleinen Wiesenstück in einem abgesperrten Bereich des Krankenhausgeländes und wartet, bis sie zu ihrer Untersuchung darf. Während überall in der Stadt Menschen zur neuen Freizeitbeschäftigung Nummer eins – ein Spaziergang inklusive Vitamin-D-Zufuhr – aufbrechen, sind es für die 32-Jährige die ersten Sonnenstrahlen, die sie seit eineinhalb Monaten auf ihrer Haut spürt. Sechs Wochen lang befand sich die Wahlgrazerin aufgrund einer Covid-Erkrankung in Quarantäne. Dieser Krankenhausbesuch sollte vorerst ihr letzter sein: Eine Woche später ging es endlich bergauf.
„Ich hatte kurz darauf mit Corona ganz abgeschlossen. Meine Fitness wurde schnell besser und ich konnte wieder Dinge erledigen“, sagt Preller. Auch ins Berufsleben kehrte sie zurück: „Im Juni machte ich meine Abschlussprüfung zur medizinischen Masseurin und habe gleich darauf einen Job gefunden, über den ich mich riesig gefreut habe.“
Doch aus dem geplanten Hintersichlassen der Krankheit wurde nichts: „Im August merkte ich plötzlich große Erschöpfung. Wenn ich nach der Arbeit nach Hause gekommen bin, konnte ich nichts mehr tun.“ Nach einer arbeitsintensiven Woche war es Prellers Körper dann endgültig zu viel. Die Erschöpfungszustände wurden so stark, dass die 32-Jährige nicht mehr aus dem Bett konnte: „Man kann es sich so vorstellen: Man hat nur so wenig Energie, dass man diese durch das Kleidung-An- und -Ausziehen sowie Essen schon verbraucht hat.“
Ihr Arbeitsverhältnis löste die Masseurin kurz darauf in Absprache mit ihrem neuen Chef auf: „Auch für ihn war die Situation schwierig, da er schon im ersten Lockdown viele Einbußen gemacht hatte. Es war wichtig, dass er jemanden einstellen kann, der arbeiten kann“, erzählt Preller. Sie selbst musste sich daraufhin arbeitslos- und krankmelden. Ein Zustand, der sich bis heute nicht verändert hat.
Für die junge Frau war das nicht einfach: „Ich helfe gerne Menschen. Das macht mich aus. Diese Möglichkeit ist mir ganz weggefallen.“ Die lange Zeit alleine zu Hause mit zunehmender Erschöpfung, Schlafstörungen und starken Kopfschmerzen setzten Maarte Preller aber nicht nur körperlich zu: „Ich konnte nichts tun und ich bin nicht gerne nur mit mir selbst beschäftigt. Ich bin normalerweise ein Mensch mit viel Energie und Motivation, der immer etwas unternimmt.“
Um Hilfe zu bekommen, folgte ein Marathon an Arztbesuchen. Richtig geholfen werden konnte ihr dabei aber nicht: Die meisten Werte waren im Normalbereich. Nur an der Lunge konnte man Rückstände der Entzündung erkennen – nicht ungewöhnlich nach einer schweren Infektion am Organ. Trotz passabler Werte konnten die Auswirkungen aber nicht einfach überspielt werden: „Ich hatte an manchen Tagen nicht einmal die Kraft, mir ein Brot zu belegen.“ Mittlerweile ist Maarte Preller bei einem Wiener Experten in Behandlung, der sich auf lange Auswirkungen von viralen Infektionen spezialisiert hat.
Mittlerweile ist auch ein wenig Energie zurückgekommen. Energie, welche die junge Frau nutzen möchte, um wieder das zu tun, was ihr selbst Kraft gibt: anderen Menschen helfen. „Durch Zufall habe ich Menschen kennengelernt, die auch an Long-Covid-Symptomen litten. Diesen Menschen wollte ich die Verunsicherung ersparen, die mich über Monate begleitet hat“, erzählt sie. Der Lösungsansatz: Eine österreichweite Selbsthilfegruppe für alle Menschen, die mit Long Covid zu kämpfen haben: „Man muss merken, dass man mit diesen Problemen nicht alleine ist. Leute sollen wissen, dass es Hilfe und Unterstützung gibt. Und, ganz wichtig: dass man ernst genommen wird.“
Dass Long Covid ernst genommen wird, wünscht sich Preller auch von der Gesellschaft: „Arbeitgeber und Bekannte reagieren oft mit Vorwürfen wie: ,Geht es dir jetzt immer noch nicht besser?‘ oder ,Hast du es geschafft, dich noch einmal anzustecken?‘ Wenn man sich immer für seine Erkrankung verteidigen muss, raubt das noch Energie.“
Gegen das Unwissen der Gesellschaft möchte Maarte Preller nun verstärkt vorgehen: „Wir werden uns für diese Sache laut machen. Damit Long Covid kein Phänomen bleibt, das niemand einordnen kann.